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08.08.2024
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Der europäische Freihandel und dessen bürokratischer Stillstand

©Adobe Stock (Alberto Masnovo)

Der europäische Freihandel steht vor entscheidenden Weichenstellungen. Während die Europäische Union (EU) einst als Vorreiter der Globalisierung galt, scheint sie heute zunehmend Schwierigkeiten zu haben, neue Freihandelsabkommen (FTA) zu schließen. Lange und zähe Verhandlungen wie beim Mercosur-Abkommen, mit Indonesien oder mit Indien lähmen den Fortschritt und gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Jüngst hat sogar Olaf Scholz öffentlich moniert, dass Verhandlungen zu lange andauern und die Kommission mehr FTA abschließen solle.

Unterschiedliche Interessen erschweren die Konsensfindung und führen zu langen und komplizierten Entscheidungsprozessen. Die Krisen der vergangenen Jahre haben außerdem die Handlungsfähigkeit der EU eingeschränkt und die Aufmerksamkeit der europäischen Entscheidungsträger in hohem Maße gebunden. Folgeweise wurde die Außenwirtschaftspolitik in den Hintergrund gedrängt.

FTA sind politische Verträge und müssen dementsprechend von der politischen Ebene ausgehandelt werden. In der EU zeigt sich jedoch, dass EU-Beamten signifikanten Einfluss auf den Verhandlungsprozess haben. Dies sorgt nicht nur für längere und unflexible Entscheidungsprozesse, sondern auch für Unverständnis und Frust bei den Verhandlungspartnern. Der indonesische Wirtschaftsminister sagte im April: „Verhandlungen mit der EU sind wie ein Fußballspiel, bei dem dauernd die Regeln geändert und die Tore verstellt werden – und es gibt nicht einmal eine klare Spieldauer“.

Zum einen führt die Verzögerung bei der Schließung neuer Freihandelsabkommen zu einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit für europäische Unternehmen. Während andere Regionen der Welt in ihre Handelsbeziehungen intensivieren, bleibt die EU zunehmend isoliert. Zum anderen schwächt die Bürokratisierung die Glaubwürdigkeit der EU als verlässlicher Verhandlungspartner. Dies erschwert es der EU, ihre politischen Ziele auf der internationalen Bühne durchzusetzen und ihre Rolle als globaler Akteur zu stärken.

Um diesen negativen Entwicklungen entgegenzuwirken, muss die EU ihre Außenwirtschaftspolitik grundlegend reformieren. Entscheidungsprozesse müssen beschleunigt, die politische Eben muss gestärkt, Verhandlungsprozesse vereinfacht und die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten gestärkt werden, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der EU zu konsolidieren.

Eine erfolgreiche Reform der europäischen Außenwirtschaftspolitik ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunft der EU. Nur so kann die EU ihre Rolle als globaler Wirtschaftsakteur behaupten und ihren Bürgern und Unternehmen von den Vorteilen des freien Handels profitieren lassen. Ursula von der Leyen hat vor Ihrer Wiederwahl zur Kommissionspräsidentin betont, dass die Außenwirtschaftspolitik der EU reformiert werden solle. Es gehe um wirtschaftliche Sicherheit, Handel und Investitionen in Partnerschaften. Es gehe darum, mehr Ehrgeiz zu zeigen. Solche Ankündigungen sind ein erster Schritt. Nun müssen jedoch Taten folgen. Handelsabkommen der EU müssen sich endlich wieder auf Handelsfragen konzentrieren und dürfen nicht mit realitätsfernen sozial- oder umweltpolitischen Standards überladen werden.