Digital entwaffnet – Deutschland schwächt sich selbst

Zwischen Anspruch und sicherheitspolitischer Realität
Die Europäische Union hat mit der NIS-2-Richtlinie einen klaren Auftrag formuliert: Der Schutz kritischer Infrastrukturen und öffentlicher Verwaltungen muss im digitalen Raum deutlich gestärkt werden. Für Deutschland bedeutet das angesichts der eskalierenden Bedrohungslage durch staatlich gesteuerte Cyberangriffe, Erpressungstrojaner und Desinformationskampagnen nicht weniger als die Notwendigkeit eines strategischen Sicherheitsneustarts.
Doch was die Bundesregierung
nun mit dem aktuellen Entwurf zur Umsetzung dieser Richtlinie vorlegt, ist das
genaue Gegenteil.
Anstatt konsequenten Schutz zu verankern, setzt der Entwurf auf Reduktion,
Relativierung und Rückzug. Er konterkariert nicht nur den europäischen Impuls, sondern entzieht der
nationalen Sicherheitsstrategie im digitalen Raum jede feste Grundlage.
Was als Chance zur Stärkung gedacht war, gerät zum Symbol der sicherheitspolitischen Selbstentwaffnung.
Deutschland steht unter digitalem Dauerbeschuss
Ransomware-Angriffe, Spionageversuche, staatlich gesteuerte Cyberoperationen – die Angriffsvektoren wachsen. Doch während das Bundeswehrbudget steigt, beschließt die Bundesregierung eine faktische Selbstentwaffnung im Inneren. Das neue Gesetz zur NIS2-Umsetzung ist kein Sicherheitsgesetz – es ist ein Sicherheitsverzichtsgesetz.
Das neue Normal: Risiko per Gesetz
Der Regierungsentwurf erkennt die real existierende Gefahr nicht nur nicht an – er erklärt sie zur akzeptierten Norm. Das vom Bundesrechnungshof zuletzt dokumentierte fatale Sicherheitsniveau vieler Bundesbehörden wird nicht etwa behoben, sondern durch den Entwurf legitimiert und gesetzlich festgeschrieben.
Der IT-Grundschutz wird auf Ministerien beschränkt, verbindliche Standards durch „jeweils geltende Fassungen“ ersetzt, und Mindestanforderungen werden zur politischen Obergrenze erklärt. Ein Staat, der bekannte Schwächen nicht beseitigt, sondern zur Struktur macht, führt seinen eigenen Sicherheitsbegriff ad absurdum.
Eine Mauer mit offener Hintertür
Politisch reden wir über Zeitenwende, Wehrhaftigkeit, Resilienz. Doch organisatorisch tun wir das Gegenteil: Wir setzen auf Patchwork-Sicherheit und entpflichtete Verwaltung. Warum Soldaten an der Grenze aufstellen – wenn der Feind im Cyberspace über Behördenserver spazieren kann?
Fazit: Sicherheit ist nicht verhandelbar – sie muss verbindlich sein
Die digitale Verteidigung
des Landes ist nicht optional. Sie ist staatliche Pflicht.
Wer daran spart, gefährdet nicht nur Daten – sondern Vertrauen, Souveränität
und letztlich Menschenleben.
Wir brauchen ein Gesetz, das schützt – nicht eins, das aufgibt.