Digitale Infrastrukturen als Taktgeber der Digitalisierung
Nach wie vor bestehen in Deutschland ambitionierte Digitalisierungsziele in allen Bereichen. Doch diese benötigen zwingend auch die passende digitale Infrastruktur. Beispielhaft unterstreicht die Nationale Strategie Künstliche Intelligenz (KI) der Bundesregierung die Rolle dieser Schlüsseltechnologie für Deutschland. Rechenzentren sind hierbei die technische Basisvoraussetzung für KI-Modelle und -Anwendungen. Hierfür müssen große Datenmengen analysiert und verarbeitet werden. Für die Branche belastende Vorgaben wie das von der Bundesregierung geplante Energieeffizienzgesetz würden hier also eigens gesetzte Ziele und Strategien gefährden.
Auch in der Debatte um Lösungen für Datensouveränität kommt Rechenzentren eine wichtige Rolle zu. Um die Entwicklung einer wettbewerbsfähigen digitalen Infrastruktur für Europa voranzutreiben, benötigt es umfassendes Fachwissen zu Interconnection sowie gemeinsame digitale Ökosysteme mit Wissenschaft, Politik und Anbietern digitaler Dienste.
Rechenzentren bilden ein wesentliches Fundament, das gleichzeitig auch enormes Effizienzpotential in sich trägt. Denn auch die Klimaziele lassen sich nur durch eine zielgerichtete und rasche Digitalisierung erreichen. Beinahe die Hälfte der CO2-Einsparungen lassen sich durch den Einsatz digitaler Anwendungen erzielen. Die Rechenzentrumsbetreiber leisten hier einen wichtigen Beitrag, investieren in Ökostrom, effizientere Kühlung und Modernisierungen. Nicht zuletzt sind große Cloud- und Colocation-Rechenzentren deutlich effizienter als unternehmenseigene Rechenzentren.
In Anbetracht der Relevanz der Branche für die Digitalisierung, sollte jede Regulierung mit Bezug auf digitale Infrastrukturen die Branche mit ihrer Expertise aktiv einbinden und im Dialog passende Lösungen entwickeln. Denn ein effizienter Betrieb liegt ebenfalls im Interesse der Betreiber. Doch wenn Vorgaben und Regulierungen, wie auch im Falle des Energieeffizienzgesetzes, unrealistische oder nicht umsetzbare Elemente enthalten, kann dies massive Auswirkungen auf die Digitalisierung und somit die gesamte deutsche Wirtschaft haben.
Eine geschwächte Wettbewerbsfähigkeit für die hiesige Rechenzentrumsbranche würde bedeuten, dass Deutschland perspektivisch den digitalen Anschluss verliert und gar eigene Strategien torpedieren – das gefährdet ebenfalls zahlreiche Arbeitsplätze und muss unter allen Umständen verhindert werden.
Energieeffizienzgesetz
Konkret zum Thema Energieeffizienzgesetz hat sich die Bundesarbeitsgruppe Digitale Infrastruktur (vormals Bundesarbeitsgruppe Gigabit-Gesellschaft) vor Kurzem zu einer virtuellen Sondersitzung zusammengefunden. Ganz besonders haben wir uns über die Gespräche mit Prof. Dr. Kristina Sinemus, Hessische Digitalministerin, und Benjamin Brake, Abteilungsleiter "Digital- und Datenpolitik" im BMDV, sowie Jens-Peter Feidner (neuer Co-Vorsitzender der Bundesarbeitsgruppe Digitale Infrastruktur), gefreut.
Folgende Punkte wurden von unseren Gesprächsteilnehmern erörtert und gefordert:
- Abwarten ist nicht die richtige Option, sondern koordiniertes Handeln der Ministerien für mehr Planungs- und Investitionssicherheit.
- Die Umsetzung von umfangreichen Energieeinsparmaßnahmen innerhalb von nur zwei Jahren stellt die mittelfristigen Planungen vieler Unternehmen massiv in Frage (siehe aktueller Entwurf des Energieeffizienzgesetzes). Die damit einhergehende Kapitalbindung wäre das Gegenteil eines Belastungsmoratoriums.
- Wärmenetze müssen durch die kooperative Einbindung industrieller Abwärme gestärkt werden. Eine einseitige Verpflichtung von Rechenzentren zur Abwärmenutzung bis 2028 scheitert hingegen an den vorhandenen Gegebenheiten, wie Temperaturdefizit und fehlende Netze. Der Wirtschaftsrat setzt sich dafür ein, dass die Frage der Abwärmenutzung im Zuge einer kohärenten Wärmeplanung geklärt wird. Verpflichtende Maßnahmen für Abnehmer sollten vorgesehen sein.
- Als ein Teilerfolg können die Beschlüsse des jüngsten Koalitionsausschusses vom 28. März 2023 zum „Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung" bewertet werden. Dort wurde festgelegt, dass die Bundesregierung beim Gesetzgebungsprozess zum Energieeffizienzgesetz darauf achten wird, dass dabei die finale Fassung der im ersten Halbjahr 2023 erwarteten Energy Efficiency Directive (EED) „mitberücksichtigt“ wird. Der Wirtschaftsrat hatte im vergangenen Februar gefordert, dass der Gesetzgeber auf die endgültigen EU-Vorgaben in der angekündigten Novelle der Energieeffizienz-Richtlinie warten muss (was bisher nicht explizit vorgesehen war). Anderenfalls wurde ein erheblicher Mehraufwand für die Branche aufgrund einer dann erforderlichen nachträglichen Anpassung durch neue regulatorische Vorgaben von Seiten der EU befürchtet.