Cookie-Einstellungen

WR-Intern
21.06.2023
Drucken

Digitales Giralgeld statt Digitaler Euro

©None

Seit der Finanzkrise 2008, welche durch eine Staatsschuldenkrise mit verursacht wurde, befindet sich die Geldpolitik im Ausnahmezustand. Das vorrangige Ziel der Preisstabilität im Europäischen System der Zentralbanken wurde mit neuen wirtschaftspolitischen Zielen verwässert. Nun sollen die Zentralbanken Europas noch zusätzlich modernisierte Mittel wie den Digitalen Euro erhalten, um durch technische Kontrolle anhand einer programmierbaren Kryptowährung des Staates die Zügel der Geldpolitik anziehen zu können.

Die Zentralbanken dürfen nicht übergriffig ins Privatkundengeschäft einsteigen

Das Europäische System der Zentralbanken hat als obersten geldpolitischen Auftrag die Preisstabilität. Historische Erfahrungen haben bewiesen, dass eine zu hohe Inflation oder eine Deflation die Stabilität des Geldsystems gefährden, weswegen Zentralbanken einzig und allein die Sicherheit der Währung garantieren sollen. Erst seit der Finanzkrise 2008 versucht die EZB teilweise erfolgreich und größtenteils erfolglos mit ihrer Geldpolitik in die Wirtschaftspolitik einzugreifen. Seit dem Aufkommen von Kryptowährungen, der gescheiterten Initiative von Facebook mit Libra, eine private digitale Währung zu schaffen, und der Einführung des Digitalen Yuan in China scheint die Entwicklung von Digitalem Zentralbankgeld für die Währungshüter weltweit der Goldstandard der Zukunft zu werden.

Verführt von der Programmierbarkeit von Digitalen Währungen, sollen mit dem Digitalen Euro geldpolitische Ziele für die EZB einfacher erreicht werden. Was diese Ziele langfristig sein könnten, ist völlig unklar. Die Erfahrungen des letzten Jahrzehnts während der Europäischen Staatsschuldenkrise und während der letzten Pandemiejahre haben bewiesen, dass sich solche Ziele schnell ändern können. Gerade in der Krisen-zeit wird Geldpolitik gerne sehr weit ausgelegt, was programmierbare Währungen in Staatshand zur Gefahr für Bürger und Unternehmen machen kann. Wenn Transaktionen an politische Bedingungen und private Daten geknüpft werden, steht der Geldpolitik eine viel zu große Macht zur Verfügung. Dies ist wirtschaftspolitisch verwerflich und verstößt gegen den Schutz von Bürgerrechten – insbesondere der Privatsphäre.

Durch staatliche Wallets und eine Bezahlinfrastruktur auf Basis des Digitalen Euro würde die EZB als staatliches Monopol in den direkten Wettbewerb mit allen Geschäftsbanken treten. Aus Ordnungspolitischer Sicht ist dies unvertretbar und wird den Wettbewerb in der Finanzbranche sehr stark politisch verzerren. Zudem wäre die Gefahr einer finanziellen Re-pression in der EU nur wenige Beschlüsse entfernt, weswegen Planwirtschaft und Fehlallokationen vorprogrammiert sind.

Ein Digitales Giralgeld auf Basis von Token muss regulatorisch ermöglicht werden

Auch heute schon stehen Bürgern und Unternehmen zwei Arten von Geld zur Verfügung: Zentralbankgeld in Form von Bar-geld und Giralgeld der Geschäftsbanken. Unabhängig von einer Einführung des Digitalen Euro muss die Regulatorik offen für privatwirtschaftliche Kryptotechnologien sein. Insbesondere Digitales Giralgeld in tokenisierter Form muss dabei politisch ermöglicht werden. Nur die Geschäftsbanken können im direkten Wettbewerb miteinander die privatwirtschaftlichen Bedürfnisse von Bürgern und Unternehmen optimal bedienen. Erst im direkten Austausch mit ihren Kunden aus der Industrie und dem Handel können Geschäftsbanken die Anwendungsfälle von Digitalen Geld optimal lösen. Eine Einheitslösung durch die EZB kann diesen Bedürfnissen nicht gerecht werden.

Die wichtige Rolle der Geschäftsbanken bleibt dabei die di-rekte Wissensvermittlung zwischen Geldpolitik und Unternehmen, wodurch die Finanzwirtschaft für eine effiziente Verteilung von Kapital sorgt. Nur die Industrie und der Handel wissen, mit welchen Verwendungszwecken Kryptowährungen zu mehr Innovationen und mehr Effizienz führen. Entsprechend muss das duale Geldsystem von Zentralbankgeld und Giralgeld auch mit den Technologien des 21. Jahrhunderts bestehen bleiben. Die Anwender des Geldes müssen frei entscheiden können, denn das chinesische Vorbild von zentraler Autorität durch den Digitalen Yuan entspricht nicht den Europäischen Werten für Bürgerrechte wie Freiheit und Gleichheit. Somit wäre Digitales Giralgeld von Geschäftsbanken auch ein politisches Bekenntnis zu den Europäischen Werten.

Mit unternehmerischer Kreativität lässt sich ein ressourcen-schonendes, effizientes und kostengünstiges Geldsystem um-setzen. Entsprechend muss der freie Wettbewerb für die Kreditwirtschaft durch das Mittel der Giralgeldschöpfung gesichert sein. Banken dürfen nicht als Intermediäre im Geldsystem von der EZB abgelöst werden, sondern müssen weiterhin den Kerngehalt ihrer makroökonomischen Aufgabe als private Banken ausfüllen können