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08.05.2024
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Ein Jahr Deutschlandticket – Wirtschaftsrat fordert ÖPNV-Reform

Ein Jahr nach In-Kraft-Treten des Tickets ist nicht einmal ansatzweise dessen Ausfinanzierung in Sicht
©Adobe Stock (The Big L)

Seit nunmehr einem Jahr ist das Deutschlandticket am Markt. Für den Geldbeutel der Nutzer ist das preisgünstige 49-Euro-Ticket mit seiner bundesweiten Gültigkeit ein Erfolg, für das Gesamtsystem Nahverkehr hingegen hat es sich mit seiner überstürzten Einführung als fatale Entscheidung erwiesen. Denn die dringend erforderliche Neugestaltung der ÖPNV-Strukturen – von effizienteren Finanzierungsstrukturen bis hin zum Marktdesign mit mehr Wettbewerb und besseren Angeboten – wurde vernachlässigt. Darüber hinaus ist ein Jahr nach Inkrafttreten des Tickets nicht einmal ansatzweise dessen Ausfinanzierung in Sicht. Immer tiefer rutscht der ÖPNV so ins finanzielle Defizit und ist auf zunehmende Subventionierung durch den Steuerzahler angewiesen.

Der Wirtschaftsrat nahm das „Jubiläum“ zum Anlass, erneut auf die Dringlichkeit einer großen ÖPNV-Reform hinzuweisen. Ebendiese bietet die enorme Chance einer nachhaltigen Neugestaltung unseres Mobilitätssystems mit einer ideologiefreien Zusammenführung von Individual- und öffentlichem Verkehr – für optimale Mobilitätsangebote im Sinne eines effektiven Klimaschutzes. Dazu aber braucht es den festen politischen Willen, Grundsätzliches zu verändern.

Erforderlich sind vor allem mehr Markt- sowie mehr Kosten- und Finanzierungstransparenz in den bisherigen Strukturen der Nahverkehrsfinanzierung.

Konkret müssen die Aufgabenträger, Bundesländer, Landkreise und Städte private Mobilitätsanbieter in gleicher Weise als Problemlöser und Akteure begreifen. Auch müssen die Verkehrsverbünde ihr bisheriges Silodenken überwinden, zusammenarbeiten, in größeren Dimensionen denken, um wirtschaftlicher zu werden, Skaleneffekte zu heben. Mehr Wirtschaftlichkeit macht die ÖPNV-Unternehmen nicht nur unabhängiger vom staatlichen Tropf, sie eröffnet zugleich mehr Freiraum für die Entwicklung innovativer Mobilitätsangebote.

Zum anderen braucht es mehr Kosten- und Finanzierungstransparenz. Denn die überwiegende Mehrzahl der Bundesländer stellt die vom Bund für den Nahverkehr gedachten Finanzmittel nur in den seltensten Fällen vollständig der Finanzierung des ÖPNV zur Verfügung. Dies hat zuletzt auch der Bundesrechnungshof kritisiert. Es braucht dringend eine Zweckbindung.

Ein anderer Aspekt betrifft die Art der Rechnungslegung. Aufgrund oftmals fehlender Doppik herrscht weitgehende Unkenntnis über die realen Kosten des ÖPNV, mithin den Grad der Kostendeckung. Nur durch eine höhere Kostenklarheit und damit Vergleichbarkeit wird es zu einer effizienteren Verwendung der Steuermilliarden im System ÖPNV kommen.

Für den Wirtschaftsrat steht fest: Die laufenden Verhandlungen zwischen den Ministerpräsidenten der Länder und der Bundesregierung müssen dringend genutzt werden, dem von der Bundesregierung einst ausgegebenen Grundsatz „Geld nur gegen Reformen“ auch tatsächlich zu folgen.