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04.05.2023
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Europäisches Provisionsverbot verhindert

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Der Wirtschaftsrat begrüßt, dass die Europäische Kommission ihren ursprünglichen Plan eines Provisionsverbots für Anlageprodukte und Versicherungen nicht weiterverfolgt. Hintergründe hierzu berieten die Mitglieder der Altersvorsorgegremien des Wirtschaftsrates im Rahmen einer Videokonferenz mit dem Sprecher der EVP-Fraktion im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments, Markus Ferber MdEP, am 2. Mai 2023. Zu den zahlreichen Stimmen, die sich gegen ein Provisionsverbot ausgesprochen hatten, zählt auch der Wirtschaftsrat. Ein Verbot dieser bewährten Beratungsform wäre ein massiver Eingriff in die individuelle Vertragsfreiheit und damit ein Anschlag auf die Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft gewesen.

Angesichts der demografieanfälligen gesetzlichen Rentenversicherung ist es umso wichtiger, dass die Menschen in Deutschland zusätzlich eigenverantwortlich für ihr Alter vorsorgen. Gerade bei erklärungsbedürftigen, komplexen Produkten wie Lebensversicherungen sind eine gute Beratung und die individuelle Auswahl des richtigen Produktes entscheidend. Das braucht Zeit und muss auch angemessen entlohnt werden, mit Bezahlmodellen, die den unterschiedlichen Kundenwünschen entgegenkommen. Sowohl Beratung auf Honorarbasis als auch auf Provisionsbasis muss deshalb möglich bleiben. Nicht Politik, Regulierung und Verbote, sondern Nachfrage der Bürger, Markt und Wettbewerb sollten darüber entscheiden, welche Lösungen die Kunden wählen.

Die deutschen Berater und Vermittler haben gezeigt, dass sie für die Verbreitung der eigenverantwortlichen Altersvorsorge sorgen können, gerade auch im Vergleich mit dem Negativbeispiel Großbritannien. Dort sind durch Überregulierung und insbesondere das Provisionsverbot weite Teile der Beratungskapazitäten verloren gegangen. Die Konsequenz ist, dass gerade Bürger mit niedrigen und mittleren Einkommen im Vereinigten Königreich keine Beratung mehr erhalten und deshalb gar nicht vorsorgen. Das zeigt: Beratung ist das Fundament einer funktionierenden Altersvorsorge, und provisionsbasierte Beratung ist für breite Bevölkerungsschichten unverzichtbar.

Umso positiver ist es, dass die EU-Kommission ihre Pläne eines Provisionsverbots aufgegeben hat. So sind die meisten Kunden nicht bereit, die aufgerufenen Honorare für Beratung zu zahlen: Die Mehrheit der Bürger würde maximal weniger als ein Prozent des investierten Vermögens für eine Beratung ausgeben, hat die Financial Conduct Authority (FCA) in einer Konsumentenbefragung ermittelt. Im Schnitt sind die Befragten nicht bereit, die im Vereinigten Königreich üblichen Beratungshonorare zu zahlen.

Zudem benachteiligt ein Provisionsverbot Kleinanleger. So stellt die FCA in ihrem Report fest: Während Personen mit hohem Einkommen in der Regel Zugang zu Beratung auf Honorarbasis haben, werden Menschen mit geringeren Einkommen nicht so gut vom Markt bedient und verpassen dadurch Möglichkeiten, ihr Geld langfristig erfolgreich anzulegen. Das Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa) hat ermittelt, dass Verbraucher bei monatlichen Sparraten von unter 100 Euro mit dem Provisionsmodell stets günstiger abschneiden. Bei einer Vertragslaufzeit von 20 Jahren, wie sie für Altersvorsorgelösungen typisch ist, besteht der Kostenvorteil für das Provisionsmodell sogar bis zu einem monatlichen Beitrag von 186 Euro.

Im Gegenzug kann die Honorarberatung für Personen mit höheren Anlagebeträgen und Verträgen mit kurzen Laufzeiten wirtschaftlich vorteilhafter sein. Je nach Konstellation können also provisions- oder honorarbasierte Beratung für die Kunden die kostengünstigere Alternative darstellen. Auch das spricht für Wahlfreiheit und das Nebeneinander der Vergütungsformen.