Heizungsgesetz bleibt unfertiges Stückwerk und ein Angriff auf das Eigentum
Nach massivem öffentlichem Druck war das sog. Heizungsgesetz noch einmal in den Reparaturbetrieb gegangen. Doch die Hoffnung, dass der federführende Ressortchef, Bundeswirtschafts- und klimaschutzminister Robert Habeck, ein nunmehr in sich schlüssiges und in der Praxis funktionierendes Regelwerk vorlegt, wurden enttäuscht – mit zu heißer Nadel wurde das Gesetz gestrickt. Denn erklärtes Ziel des Bundeswirtschaftsministers war es, die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) noch vor der parlamentarischen Sommerpause durch den Deutschen Bundestag zu bringen. Das Bundesverfassungsgericht gab nun dem Eilantrag eines Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion statt, der aufgrund des überstürzten Gesetzgebungsprozesses die Rechte der Abgeordneten beschnitten sah.
In der Tat hatte – neben den vielen handwerklichen Fehlern des Gesetzes – nicht zuletzt auch das Vorgehen des federführenden Ministeriums massive Kritik hervorgerufen. Ein Gesetz, das derart tief in das Portemonnaie der Bevölkerung eingreift, sollte in einem unverantwortlich engen Zeitkorsett durch den Gesetzgebungsprozess gepeitscht werden. Sowohl die technische, vor allem aber ökonomische Überprüfung der getroffenen Regelungen war in einem solchen Zeitfenster seriös kaum möglich. Nicht einmal die Regierung selbst konnte den ökonomischen Beweis vorlegen, dass die Regelungen finanziell durch die Haushalte und die abgebildete Förderkulisse geschultert werden (können). Folglich blieb das Heizungsgesetz nicht nur unvollendet, es enthält weiterhin massive Widersprüche:
- Trotz postulierter Technologieoffenheit de facto nur beschränkte Heizungsoptionen: Der Gesetzestext sieht neben der viel beschriebenen Wärmepumpe eine Reihe anderer Heizungstechnologien vor, Stromdirektheizungen, Fernwärmenetze, Biomasseheizungen, Hybridheizungen, wasserstofffähige Gasheizungen. Doch bei genauerer Betrachtung werden abseits der Ballungsräume Immobilienbesitzer kaum Wahlmöglichkeiten für ihr Heizungssystem haben. Fernwärmenetze etwa werden allein aufgrund der hohen Investitionskosten nur bedingt zur Verfügung stehen. Auch Wasserstoffgebiete werden realistischerweise nur punktuell verfügbar sein. Die Umstellungskosten bestehender Gasnetze auf Wasserstoffbasis, vor allem aber die hohen Produktionskosten wie die Verfügbarkeit dieses Energieträgers stehen einem flächendeckenden Einsatz entgegen. Vor diesem Hintergrund wird kein Energieversorger einem Gebäudeeigentümer eine Garantieerklärung zur Lieferung von Wasserstoff abgeben. Überdies werden Kraft-Wärme-Kopplungs (KwK)-Anlagen nicht mehr als Ersatzmaßnahme für Erneuerbare Energien anerkannt. Für Millionen von Immobilieneigentümern von Bestandsbauten abseits der Großstädte verengen sich die technologischen Optionen de facto auf das mit erheblichen Zusatzinvestitionen verbundene System Wärmepumpe oder eine Biomasseheizung.
- Keinerlei Planungssicherheit bei der in Aussicht gestellten Förderung: Vor allem aber ist das GEG ein Gesetz ohne belastbares Förderkonzept. Denn absolut unklar ist, welches Fördervolumen insgesamt zur Verfügung steht und was im Falle einer vollständigen Ausschöpfung vorgesehen ist, schließlich ist aufgrund des enormen Finanzbedarfs auf Seiten der Gebäudeeigentümer von Anträgen in Milliardenhöhe auszugehen. Allein die Mittel des Klima- und Transformationsfonds werden zur Abdeckung der entstehenden Ansprüche nicht ausreichen, und gerade die Erfahrungen zu Beginn des Jahres 2022 mit dem aufgrund des großen Andrangs gestoppten Förderprogramm EH55 zeigen, wie wichtig es ist, dass in Aussicht gestellte Förderinstrumente verlässlich zur Verfügung stehen. Für alle Betroffenen – Wohnungswirtschaft wie Eigenheimbesitzer – muss aber Planungssicherheit bestehen, zumal das GEG für sie mit enormen Investitionen verbunden ist.
- Mieter wie Vermieter in Lose-Lose-Position: Für Millionen von Mietern wird das Gesetz in Folge der damit verbundenen Zwangsinvestitionen eine weitere Erhöhung der monatlichen Miete bedeuten. Die Immobilieneigentümer wiederum werden – trotz Förderung – mit den Kosten weitestgehend allein gelassen werden. Denn die fixierten Förderbedingungen für die Wohnungswirtschaft fußen auf unrealistischen Annahmen. Jede Bauplanung zeigt, dass allein die Umstellung der Heizungsart auf das System Wärmepumpe mit enormen Zusatzkosten verbunden ist, die die Kosten der eigentlichen Heizungstechnik schnell übersteigen. Das beginnt mit der Verstärkung des elektrischen Hausanschlusses, geht über die Schaffung erforderlicher Pufferspeicher, den Einbau neuer Elektro und Zählerschränke bis hin zum selektiven Heizkörpertausch zur Absenkung der Systemtemperaturen. Die Förderung müsste sich insofern nicht nur auf den reinen Heizungstausch, sondern auf die Gesamtkosten beziehen, d. h. auf alle mit dem Wechsel des Energieträgers verbundenen Technikkosten. Tatsächlich aber besteht nur für Teile des gesetzlich verordneten Tauschs ein Förderanspruch. Hinzu kommt die Festlegung der höchstzulässigen Modernisierungsumlage bei 0,50 EUR/m². Weder ist der umlagefähige Betrag in seiner Höhe ausreichend noch wurde die Kappungsgrenze indexiert, sie ignoriert stetig steigende Baupreise. Vor allem aber ist die neu geschaffene „zusätzliche“ Umlage von 0,50 EUR/m² eine Mogelpackung, denn diese wird auf die Kappungsgrenze der bestehenden Modernisierungsumlage von 2,00 bzw. 3,00 EUR angerechnet.
- Massiver Eingriff ins Eigentum: Letztlich bleibt das grüne Heizungsprojekt ein substanzieller Angriff auf das Eigentum. Besonders betroffen ist und bleibt der ländliche Raum, und gerade in Ostdeutschland trifft das GEG auf in der Regel niedrigere Haushaltsvermögen und auch niedrigere Immobilienpreise als im übrigen Bundesgebiet. Aber nicht nur hier werden die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen – trotz Förderung – selten aus eigener Kraft zu stemmen sein. Der Griff ins Ersparte sowie der vielfach notwendige Fremdkapitalanteil in Kombination mit steigenden Bauzinsen werden zu einer stillen Enteignung vieler Haus- und Wohnungseigentümer in Deutschland führen.
Auch die zur Abstimmung stehende Neufassung des sogenannten Heizungsgesetzes steht damit weiterhin für eine Überforderung aller Betroffenen – Eigenheimbesitzer, Wohnungswirtschaft, Mieter wie Kommunen. Die weißen Elefanten im Raum bleiben zudem die fehlenden Kapazitäten des Stromnetzes und die Strompreise.
Doch auch die kommunale Wärmeplanung ist eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Gerade kleine und mittlere Kommunen werden mit der Erstellung eines solches Plans hoffnungslos überfordert sein. Vermutlich deshalb wurde in das GEG vorsorglich eine Fiktionsbescheinigung für die kommunalen Wärmeplanung formuliert. Denn ist eine Kommune nicht in der Lage, fristgerecht eine Wärmeplanung vorzulegen, soll die entsprechende Gemeinde so behandelt werden, als läge eine Wärmeplanung vor. Damit gilt für alle in dieser Gemeinde ansässigen Immobilieneigentümer unmittelbar die 65%-EE-Pflicht des GEG – ein weiterer Verstoß gegen die postulierte Technologieoffenheit. Eine fehlende Wärmeplanung aber darf nicht zu Lasten der Gebäudeeigentümer gehen. Keine Umsetzungspflicht ohne kommunale Wärmeplanung! So zeigt auch dieses Beispiel: Es bleibt bei der falschen Reihenfolge, erst hätte es der Entwicklung einer Wärmeplanung bedurft, dann der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes.
Der vom Bundesverfassungsgericht verordnete Zeitgewinn muss nun dringend genutzt werden, um aus dem unfertigen Stückwerk ein in sich stimmiges Konzept zu formen.