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02.02.2023
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Highlight-Talk mit Friedrich Merz MdB

„Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft war auch schon vor dem Krieg nicht optimal“
©Wirtschaftsrat

„Seit meinem Amtsantritt vor elf Monaten hat sich sehr viel getan. Der Beginn des Krieges in der Ukraine am 24. Februar markiert eine tiefe Zäsur. Wir sehen wirtschaftspolitische, wirtschaftliche Folgen und Energieversorgungsprobleme, die damit einhergehen“ eröffnete Friedrich Merz MdB, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, den ersten Highlight-Talk des Wirtschaftsrates im Jahr 2023. Rund 1.600 Mitglieder des Wirtschaftsrates nahmen teil und konnten Fragen über den Chat stellen. Diese wurden von einem Team gebündelt und Moderator Jens Henning Fischer versuchte so viele wie möglich davon zu stellen.

Friedrich Merz zog zu Beginn eine Zwischenbilanz: „Wir kommen wahrscheinlich besser durch diese Krise, durch die Versorgungskrise, durch die Energieengpässe, durch die Kosten, die massiv in die Höhe gegangen sind und auch durch die wirtschaftlichen Folgen, als wir noch vor acht Wochen gedacht haben. Das sehen auch die Forschungsinstitute so, bis hin zur OECD und dem Währungsfonds. Es gibt ein klein bisschen Grund für Optimismus, dass wir doch nicht so tief in eine Rezession abrutschen in den ersten beiden Quartalen 2023. Das ist eine gute Nachricht.“ Trotzdem habe es Deutschland mit einer ganzen Reihe von strukturellen Problemen in seiner Volkswirtschaft zu tun. „Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft war auch schon vor dem Krieg nicht optimal: Wir hatten auch schon vor dem Krieg zu hohe Energiekosten, zu hohe Steuern und stetig steigende Sozialversicherungsbeiträge. Das alles hat sich jetzt noch einmal verschärft und ist keineswegs verschwunden. Auch wenn jetzt durch die hohen Transferleistungen bis hin zu dem, was aus Brüssel kommt, das eine oder andere auch abgefedert wird.“

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verwies auf eine Studie des Verbandes der Familienunternehmen, die zeigt, dass Deutschland auf Platz 18 von 21 europäischen Industrienationen zurückgefallen ist und in unserem Land 2022 das erste Mal der Anteil der Industrieproduktion an der Bruttowertschöpfung unter 20 Prozent abgerutscht sind. Das habe Folgen für eine ganze Reihe von Unternehmen. Unter den weltweiten Top 100 nach Marktkapitalisierung sei kein einziges deutsches Unternehmen mehr zu finden. „Und die Tatsache, dass die Hauptversammlung von Linde jüngst beschlossen hat, in Deutschland ein Delisting zu beantragen, also als wertvollstes Unternehmen aus dem DAX-40 ausscheidet, ist keine gute Botschaft. Aber was noch problematischer ist: Darüber ist in Deutschland überhaupt nicht diskutiert worden. Das hat die breite Öffentlichkeit gar nicht erreicht. Wenn so etwas in den USA passieren würde, sich das größte Unternehmen von der Börse in New York zurückziehen würde, löste das eine tagelange Diskussion aus. In Deutschland überhaupt nicht. Was läuft da eigentlich schief? Das deutsche Schwergewicht im DAX-40 scheidet aus, weil die Regularien unserer Börsenzulassung es nicht gestatten, dass ein Unternehmen mehr als zehn Prozent der Marktkapitalisierung des DAX-40 hat.“ Zugleich scheide eine größere Zahl von kleinen Unternehmen aus dem Markt aus, die nicht mehr die hohen Energie- und Lohnkosten zahlen können oder massive Probleme haben, Fachkräfte zu rekrutieren. „Wir sehen eine ganze Reihe von ernsthaften strukturellen Problemen unseres Landes“, stellte Friedrich Merz fest.

Neben diesen strukturellen Problemen sieht der frühere Vizepräsident des Wirtschaftsrates eine gesellschaftspolitische Systemdebatte aufkommen, nach dem Motto „Die marktwirtschaftliche Ordnung war prima, aber sie ist nicht mehr in der Lage, die Probleme der Gegenwart, geschweige denn der Zukunft zu lösen.“ „Das war für mich Anlass genug zu sagen, dass wir uns in der CDU wieder mit marktwirtschaftlichen Prinzipien beschäftigen müssen. Wir müssen uns fragen, wie Wirtschaft, Energie und Klima zusammengedacht werden können. Das haben wir auf unserer Klausurtagung in Weimar gemacht“, bilanzierte Friedrich Merz.

Schauen Sie hier den vollständigen Highlight-Talk des Wirtschaftsrates mit Friedrich Merz MdB, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.