Koalitionsvertrag – Weichenstellung für den Industriestandort?

Union und SPD bekennen sich im Koalitionsvertrag zum Industriestandort Deutschland. Dieser enthält diverse Entlastungen und Förderungen für produzierende Unternehmen. Mit der Reduzierung der Stromsteuer, der Abschaffung der Gasspeicherumlage und Halbierung der Netzentgelte soll eine Sollbruchstelle der Dekarbonisierung der Industrie behoben werden.
Darüber hinaus werden über eine 30-Prozent-Abschreibungsmöglichkeit auf Ausrüstungsinvestitionen bis 2027 Anreize in Aussicht gestellt. Neben den Ausgaben soll in den nächsten Jahren zudem ein Schwerpunkt auf Kosteneffizienz gelegt werden. Geplant ist, den Ausbau der Netze und der erneuerbaren Energien stärker miteinander zu verknüpfen und weitere Förderungen entsprechend auszugestalten. Außerdem sollen die Klimaschutzverträge als ein relativ unbürokratisches Instrument der Dekarbonisierung der Industrie fortgeführt werden. Hier wird sich in den nächsten Haushaltsverhandlungen zeigen, ob Entlastungsversprechen Planungssicherheit bedeuten. So merkte der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil bei der Verkündung des Koalitionsvertrages an: „Alles steht unter Finanzierungsvorbehalt.“ Zu begrüßen sind die Anstrengungen, die Energiewende und Produktion in Deutschland durch eine effizientere Ausgestaltung von Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen sowie deren Kosten zu reduzieren. Neben diesen bürokratischen Entlastungen soll ebenfalls der Irrweg der Einführung neuer und immer komplexerer Berichterstattungspflichten mit einer Kehrtwende zu deren Rückbau beendet werden.
Die Nutzung von Wasserstoff aller Farben ist technologieoffen ausgestaltet. Kontroversere Wege zur kosteneffizienten Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wie die unkonventionelle Erdgasförderung und die Abspeisung von CO2 in der Kohleverstromung werden leider ausgespart. Die Chance für die Wiedernutzung der zuletzt heruntergefahrenen Kernreaktoren Deutschlands wird nicht ergriffen. Der Pragmatismus der nächsten Bundesregierung ist in der Energiepolitik offenbar nicht frei von ideologischen Grenzen.
Der Wirtschaftsrat wird die Umsetzung des Koalitionsvertrages und weitere Weichenstellungen für den Industriestandort aktiv begleiten und sich als engagiertes Korrektiv einbringen.