(Rohstoff-)Produktion als Dimension der Sicherheitspolitik

Unter dem Titel „Resilienzanker Wertschöpfungsketten“ besprach die Bundesarbeitsgruppe Rohstoffpolitik mit Sebastian Roloff MdB, Wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Vizeadmiral Carsten Stawitzki, Leiter Abteilung Rüstung Bundesministerium der Verteidigung und Dr. Peter Buchholz, Leiter Deutsche Rohstoffagentur die Herausforderungen des Industriestandortes im Kontext der sicherheitspolitischen Zielstellungen in Deutschland und Europa.
Deutlich wurde die Bedeutung von Materialtechnik, Rohstoffverarbeitung und Chemiebranche als Ausgangspunkt der Rüstungswirtschaft. Auf diesen Feldern konnte insbesondere die Volksrepublik China unter Einsatz erheblicher Subventionen eine weitegehende Vormachtstellung erreichen. So wurden seit Jahrzehnten unwirtschaftliche Kapazitäten aufgebaut, Märkte leergekauft und Wettbewerber durch Dumpingpreise oder den Aufkauf von Ausgangsmaterialien und Förderlizenzen aus dem Markt gedrängt. Als weiterer wichtiger Lieferant zeigte sich Russland in den letzten Jahren unzuverlässig. Konkrete Folgen dieser einseitigen Abhängigkeiten zeigten sich zuletzt durch die Exportkontrollen auf kritische Rohstoffe wie Wolfram und rohstoffintensive Schlüsselprodukte wie Magnete, die zu erheblichen Preissprüngen führten. Die Rüstungsindustrie ist eine Form des Maschinenbaus, der in Deutschland nicht nur auf Grund des Know-Hows stark ist, sondern auf Grund von Synergien. Die kurzen Wege für hochwertigen Spezialstahl, Spezialchemikalien und weitere Hochleistungswerkstoffe geben Deutschland eine besondere Dynamik. Diese ist allerdings auf Grund von Standortnachteilen in der Verwaltungspraxis, der Energiepreise und weiterer Faktoren gefährdet. Lange Lieferwege für Grundstoffe bergen die Gefahr, von Abwanderungen weiteren Wertschöpfungsstufen, in einer Zeit, in geopolitische Akteure die sicherheitspolitische Brisanz gerade in diesen Wirtschaftszweigen zum Tragen bringen. Klar ist, Europa kann sich langfristig eine Abhängigkeit bei kritischen Rohstoffen von geopolitischen Rivalen nicht leisten.
In der von Volker Backs, Geschäftsführer Speira GmbH geleiteten Sitzung machten die Mitglieder aus verschiedenen Industriezweigen klar: die Zeitenwende muss Hand in Hand gehen mit einer konsequenten Trendwende in der Wirtschaftspolitik. Vorschläge waren unter anderem die unternehmensseitige Bevorratung von Rohstoffen bilanziell nicht zu benachteiligen, den Rohstofffonds massiv auszuweiten und die Beteiligung auch zu frühen Projektstadien mit einzubeziehen, staatliche Rohstoffreserven zu bilden und die Versorgungssicherheit mit Rohstoffen auf hoher Ministeriumsebene von bundeswirtschafts- und Verteidigungsministerium zu verankern. Neben Forderungen an die Politik wurden auch Apelle in Richtung der Wirtschaft formuliert. Auch die Wirtschaft muss in Fragen der Rohstoffsicherheit stärker strategisch denken. Die Just-in-Time-Beschaffung muss einer robusteren Versorgung und Vorsorge weichen. Zur Diversifizierung der Rohstoffabhängigkeiten sind zudem erhebliche Investitionen notwendig. Das Heben diverser Rohstoffpotentiale ist dabei nur mit dem Engagement aus dem produzierenden Gewerbe in der notwendigen Geschwindigkeit und Dimension möglich.
Deutschland
befindet sich am Beginn einer Legislatur. Dieser Beginn kann auch den dringend
notwendigen Neubeginn der Rohstoffpolitik bedeuten. Dafür sind gemeinsame
Anstrengungen von Staat und Wirtschaft und der behörden- wie
branchenübergreifende Dialog notwendiger denn je.