Schuldenbremse: Priorisierung der öffentlichen Ausgaben überfällig
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts und das damit verbundene „Scharfstellen“ der Schuldenbremse bestimmt die politische Debatte wie auch die Überlegungen vieler Unternehmen. Gerade in energieintensiven Branchen besteht nun die Sorge um staatliche Kompensationen für die rekordhohen deutschen Energiekosten. Klar ist dabei: Der Staat darf die Unternehmen nicht mit immer weiteren Lasten einer schlecht gemanagten Energiewende allein lassen. Und: Eine wirksame Schuldenbremse ist ein Gebot der Generationengerechtigkeit. Wir hinterlassen den Jungen doch ohnehin bereits enorme Verbindlichkeiten in den sozialen Sicherungssystemen durch die unterbliebene Vorsorge für die Bevölkerungsalterung. Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Zudem profitiert Deutschland bereits heute enorm von der Schuldenbremse. Denn ohne sie wären die Zinslasten aktuell deutlich höher, und die Bundesrepublik hätte nicht über den großen finanziellen Spielraum bei der Bewältigung der Corona-Krise verfügt. Nun kommt es darauf an, dass der Bund endlich seine Ausgaben priorisiert und insbesondere die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten aus dem Ruder gelaufenen Sozialausgaben wieder einfängt.
Deutschland hat eindeutig kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem: Im Jahr 2023 kassieren die öffentlichen Haushalte in der Bundesrepublik laut letzter Steuerschätzung 916 Milliarden Euro an Steuern ein – absoluter Rekord. Gleichzeitig müssen die Deutschen von 100 erwirtschafteten Euro mittlerweile 42,40 Euro an Steuern und Abgaben abführen – ebenfalls ein Allzeithoch; genauso wie die Rekordsteuerquote, die mittlerweile 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht. Geradezu absurd erscheint, dass die Ampelregierung glaubt, damit nicht auskommen zu können, stattdessen ihr Heil in Schattenhaushalten sucht und nun, nach dem vernichtenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts, im rot-grünen Teil der Koalition nach anderen Tricks zur Umgehung der Schuldenbremse sucht.
Dabei liegt die Lösung auf der Hand: Die enormen Ausgaben, die ausgeuferte Staatswirtschaft ist das Problem. Lag der Anteil des Staates am Bruttoinlandsprodukt vor zehn Jahren noch bei etwa 45 Prozent, so sind mittlerweile rund 50 Prozent erreicht. Dabei gilt das alte Helmut-Kohl-Wort: „Bei einer Staatsquote von 50 Prozent beginnt der Sozialismus.“ Gleichzeitig bedeutet eine Verringerung der Staatsquote um fünf Prozentpunkte, dass letztlich 175 Milliarden Euro weniger durch die staatlichen Mühlen gedreht und dafür einkassiert werden müssen.
Umso wichtiger ist die harte Budgetrestriktion, die das Bundesverfassungsgericht nun mit seinem Urteilsspruch zur Schuldenbremse unmissverständlich verteidigt hat. Denn ein ausufernder Staatssektor lähmt die Wachstumskräfte einer Volkswirtschaft. Die Ressourcen, die der Staat aufsaugt und ineffizient einsetzt, stehen privatwirtschaftlichen Akteuren nicht mehr zur Verfügung. Dies gilt beispielsweise für die Arbeitskräfte, die der Staat absorbiert: Parallel zur wachsenden Staatsquote ist die Zahl derer, die beim öffentlichen Dienst arbeiten, in den vergangenen 15 Jahren um einen Million auf 6,5 Millionen angewachsen – Beschäftigte, die der Privatwirtschaft fehlen. Schlimmer noch: Mit mehr Manpower als zuvor erlässt der Staat nun noch mehr Regulierungen, die die Wirtschaft hemmen. Zudem nutzt der Gesetzgeber seine Rekordsteuereinnahmen auch für eine Rekordumverteilung, die Leistungsanreize ausbremst und so Wachstumsquellen zuschüttet.
Gerade bei den
Sozialleistungen ist Sparsamkeit angesagt, um die Schuldenbremse künftig einzuhalten.
So ist die Sozialleistungsquote seit der Wiedervereinigung von 24,1 Prozent auf
32,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Höhe geschossen. Ganz konkret
fordert der Wirtschaftsrat: Aussetzen der zum Jahreswechsel geplanten Anhebung
des Bürgergeldes um 12 Prozent, Überprüfung der Arbeitsbereitschaft der
erwerbsfähigen Bürgergeldempfänger durch gemeinnützige Tätigkeiten, bei
Verweigerung ggf. Kürzung der Transferleistungen, Verzicht auf die Einführung
der Kindergrundsicherung sowie Rücknahme der Rentengeschenke der
zurückliegenden Großen Koalitionen, beispielsweise der Rente mit 63, der
Mütterrente oder der Grundrente.
Gleichzeitig kann die deutsche Wirtschaft nur Lokomotive für Wohlstand sowie die Finanzierung unseres Gemeinwesens bleiben, wenn die Standortbedingungen stärker in den Fokus rücken. Die vorgesehenen Infrastrukturinvestitionen sind unverzichtbar, wie der marode Zustand der Deutschen Bahn tagtäglich schmerzlich vor Augen führt. Auch mit den enormen Kosten der schlecht gemanagten Energiewende darf der Staat die Unternehmen nicht allein lassen. Vor allem geht es um eine möglichst rasche Ausweitung des Energieangebots und das Vertrauen auf marktwirtschaftliche Instrumente wie den Emissionszertifikatehandel statt teurer ordnungsrechtlicher Vorgaben. So ließen sich dann auch enorme Kosteneinsparungen erzielen. Sollte sich die Ampelregierung dazu nicht durchringen können, muss sie zumindest die beschlossenen Kompensationen für die Unternehmen aufrechterhalten.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist zunächst eine schallende Ohrfeige für die Ampelkoalition. Die obersten Richter haben klargemacht: SPD, Grüne und FDP haben ihr Bündnis auf Verfassungsbruch gegründet. Gleichzeitig bedeutet die nun scharfe Schuldenbremse aber auch eine große Chance: die Chance auf die überfällige Priorisierung der Ausgaben und die Zurückführung des wuchernden Staatssektors auf seine eigentlichen Ausgaben.