Staatsmodernisierung als Konjunkturprogramm für Wirtschaft und Verwaltung
In den ersten Monaten nach der Gründung des neuen Bundesministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung standen vor allem die Themen digitale Infrastrukturen, Künstliche Intelligenz und Fragen der Datenökonomie sowie der digitalen Souveränität im Vordergrund der öffentlichen Debatte. Weniger Beachtung fand hingegen der zweite Bestandteil des Ministeriumsnamens: die Staatsmodernisierung. Zwar hatte die Bundesregierung bereits im Koalitionsvertrag betont, den Staat modernisieren, die Verwaltung digitalisieren und Bürokratie abbauen zu wollen, doch blieben die Aussagen dazu bislang vage und wenig verbindlich. Mit der Vorstellung seiner Modernisierungsagenda am 1. Oktober hat Bundesminister Dr. Karsten Wildberger nun erstmals einen konkreten Rahmen gesetzt und damit Licht ins Dunkel gebracht.
Die Agenda enthält wichtige Vorschläge zur Reform der Verwaltung und formuliert messbare Ziele. Natürlich muss sie kontinuierlich weiterentwickelt und ergänzt werden, doch sie ist ein entscheidender Schritt hin zur konkreten Umsetzung. Maßnahmen wie die Einführung von 24-Stunden-Gründungen, die Bereitstellung digitaler Verwaltungsservices, der Einsatz von KI-gestützten Verfahren bei der Visumvergabe oder die Modernisierung des Dienstrechts zeigen, wie groß die Bandbreite der geplanten Reformen ist. Die Vorschläge für Experimentierklauseln lassen erkennen, welche Herausforderungen noch in einer besseren Rechtsetzung liegen. Mit dieser Agenda hat Minister Wildberger, langjähriges Präsidiumsmitglied und ehemaliger Vizepräsident des Wirtschaftsrates, zugleich einen dringend notwendigen Mentalitätswandel angestoßen. Dieser Wandel muss nun von allen Ressorts aktiv mitgetragen werden – und daran wird sich die Bundesregierung messen lassen müssen. Der Wirtschaftsrat wird den Prozess, insbesondere durch seine Bundesarbeitsgruppe Staatsmodernisierung, kritisch-konstruktiv begleiten.
Wie wichtig eine schnelle Umsetzung ist, hat auch der aktuelle Jahresbericht 2025 des Nationalen Normenkontrollrates verdeutlicht. Zwar konnten in den letzten Monaten erste Fortschritte bei der Verringerung des jährlichen Erfüllungsaufwandes erzielt werden, doch die Zahlen sprechen für sich: Unternehmen sind nach wie vor mit 2,8 Mrd. Euro, die Verwaltung sogar mit 6,7 Mrd. Euro pro Jahr belastet. Um wieder auf das Niveau von 2021 zurückzukehren, braucht es entschlossene Maßnahmen. Der Abbau dieser Bürokratielasten wäre nichts weniger als ein Konjunkturprogramm für die deutsche Wirtschaft.
Staatsmodernisierung und Digitalisierung sind keine Nebenschauplätze, sondern Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts und für neue Wachstumsimpulse. Kleinkarierte Ressortinteressen, die auf kurzfristige Vorteile abzielen, bremsen hingegen dringend notwendige Reformen aus und schaden der gesamten Volkswirtschaft. Es muss gelingen, diese Blockaden zu überwinden und ressortübergreifend eine gemeinsame Strategie zu verfolgen. Nur so können wir die Strukturen unseres Staates modernisieren, Verwaltung und Wirtschaft entlasten und Deutschland an die Spitze der digitalen Nationen führen.
Der deutsche Staat steckt seit Jahren in einem Dickicht aus Verfahrensregeln und bürokratischen Vorschriften, dass seine Handlungsfähigkeit zunehmend einschränkt. Öffentliche Institutionen stoßen dadurch an ihre Grenzen, ihre Effizienz leidet spürbar, und schnelle, zielgerichtete Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit bleiben aus. Es ist daher dringender denn je, die Strukturen konsequent zu modernisieren und die Verwaltung nachhaltig zukunftsfähig aufzustellen. Der Wirtschaftsrat wird dieses Thema auch weiterhin prioritär begleiten.