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19.12.2024
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Staatsmodernisierung: Deutschland braucht mehr als nur Bürokratieabbau

Der Erfüllungsaufwand, also sämtliche finanzielle und zeitliche Belastung durch die Umsetzung rechtlicher Vorschriften, steigt im Jahr 2024 stetig.
©Adobe Stock (ISK PRODUCTION)

Der Erfüllungsaufwand, also sämtliche finanzielle und zeitliche Belastung durch die Umsetzung rechtlicher Vorschriften, steigt stetig, auch im Jahr 2024 um circa 400 Millionen Euro. Laut Umfrage des Ifo-Instituts unter Unternehmen werden rund 22 Prozent der Arbeitszeit für bürokratische Aufwendungen eingesetzt. 

Der Gesetzgeber versucht nur halbherzig, dem kontinuierlich steigenden Erfüllungsaufwand entgegenzuwirken (zum Beispiel durch verschiedene Bürokratieentlastungsgesetze), es fehlt jedoch ein durchgreifender Aufschlag. Deutschland ist gefangen in einem Wust aus überbordender Bürokratie. So leistet sich die Bundesrepublik mittlerweile über 900 Bundesbehörden mit teils überschneidenden Kompetenzen und über 400 verschiedene Register. Hinzu kommen immer tiefgreifendere Regulierungsvorhaben aus der Europäischen Union. 

Insbesondere Unternehmen sind durch den hohen Erfüllungsaufwand mittlerweile gelähmt. Seit dem Jahr 2011 ist der Erfüllungsaufwand der Wirtschaft um circa 14 Milliarden Euro gestiegen. Berichtspflichten und andere rechtliche Vorschriften belasten Unternehmen zunehmend. Die Rufe aus der Wirtschaft nach weniger Regulierung und Bürokratie sind nicht mehr zu überhören. 

In der Diskussion um mehr Bürokratieabbau wird jedoch oft eines vergessen: Regulierung ist nicht per se schlecht. Der Staat benötigt Regulierung. Er braucht Regeln, um Ordnung zu erzeugen – sowohl in administrativer, politischer als auch wirtschaftlicher Hinsicht. Ohne Ordnung droht Handlungsunfähigkeit. Normen und Gesetze schaffen Ordnung und ermöglichen damit auch ein effektives Staatshandeln. 

Aus den Grundüberlegungen wird schnell klar, was der Staat nicht braucht. Er braucht keine Überregulierung. Der Staat muss dort regelnd eingreifen, wo es Ordnung bedarf. Wo das nicht der Fall ist, darf sich der Staat nicht einmischen. Stattdessen muss er im Sinne der sozialen Marktwirtschaft auf Freiheit und Eigenverantwortung setzen. 

Faktisch ist die Bundesrepublik überreguliert. Nun muss der bürokratische Apparat entflochten werden. Viel mehr noch: Er braucht eine komplette Reform. Regulierung muss endlich modern gedacht werden. Das bedeutet nicht nur weniger Regulierung, sondern auch digitale Prozesse, Modernisierung des Beamtenrechts, kürzere Entscheidungsprozesse, effizienteres Ressourcenmanagement im öffentlichen Sektor, Praxischecks von Gesetzesentwürfen und vieles mehr. Kurzum: Der Staat braucht ein neues Verständnis, was er als Regulator überhaupt leisten soll und kann. 

Die nächste Bundesregierung muss sich mit dem Thema der Staatsmodernisierung zwingend auseinandersetzen. Eines der Kernthemen in der kommenden Legislaturperiode muss sein, wie Wettbewerbsfähigkeit durch eine Reform des öffentlichen Sektors erreicht werden kann. Der Wirtschaftsrat setzt sich schon länger für eine nachhaltige Staatsmodernisierung ein. Dessen Bundesarbeitsgruppe „Moderne Verwaltung und Bürokratieabbau“ hat bereits konkrete Vorschläge dafür geliefert. Auch im Wahlkampf wird er das Thema weiter kritisch begleiten und den Dialog zwischen Unternehmern und politischen Entscheidungsträgern in Deutschland und Europa weiter intensivieren.