Wirtschaftsrat fordert zur Beseitigung der Medikamentenengpässe die Stärkung des Pharmastandorts Deutschland
Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. bemängelt die fehlende Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland, gerade auch für die pharmazeutische Industrie, und fordert Lösungen zur Beseitigung der pharmazeutischen Liefer- und Versorgungsengpässe. Derzeit gibt es u.a. einen Mangel an Antibiotika, Blutdrucksenkern, Psychopharmaka, Augentropfen und -salben. Zwar seien Erkältungswellen für die Verschärfung der Situation mit verantwortlich, doch seien diese Wellen seit langem absehbar gewesen. Die bedrohliche Versorgungslage zeige unter anderem, dass die Industrienation Deutschland zunehmend an Ansehen in der Welt verliert. Angesichts dessen sei eine Stärkung des Wirtschafts- und Pharmastandortes Deutschland unumgänglich.
„Die Entscheidung des deutschen Vorzeigeunternehmens Biontech 2023 für den Standort Großbritannien und damit gegen Deutschland ist auch ein letzter Weckruf an die Politik“, betont der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger. Die Entscheidung des Bayer-Konzerns, 2024 ein Siebtel aller Stellen in Deutschland abzubauen, unterstreiche die Probleme, die den Pharmastandort Deutschland seit Jahren belasteten. Für mobile Produktionsfaktoren - Kapital wie Fachkräfte - habe die Bundesrepublik dramatisch an Attraktivität verloren. Aber auch eine restriktive Preispolitik für Pharmazeutika trage ihren Teil dazu bei.
„In der aktuellen Medikamentennotlage wird deutlich, welch negative Auswirkungen die bei uns geltenden Preisregulationsmechanismen im Bereich der Arzneimittel haben“, so Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates. „Es ist dringend notwendig, deutschen Pharmaunternehmen oder solchen, die in Deutschland tätig sind, attraktive Standortbedingungen zu bieten. Viele Unternehmen haben sich aufgrund zu geringer Erträge aus der Herstellung wichtiger Medikamentengruppen zurückgezogen. Die Konzentration der Produktion auf lediglich eine Handvoll Hersteller führt zu Engpässen in der Versorgung. Auch die langjährige Verlagerung der Produktion nach Asien macht Deutschland auf dem globalen Markt von Lieferkapazitäten abhängig“, erklärt Steiger weiter.
„Deutschland verliert für pharmazeutische Unternehmen aufgrund unattraktiver Rahmenbedingungen mit hohen Kosten, langwieriger Genehmigungsverfahren und immer mehr Bürokratie sukzessive an Attraktivität. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaftsstandort Deutschland sind dadurch stark gefährdet“, so Steiger.
Das in 2023 verabschiedete Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) sollte eine Lösung für diese Herausforderungen bringen. Die Hoffnungen, die mit dem Gesetz verbunden waren, hätten sich jedoch nicht erfüllt. Notwendig sei vielmehr ein Mentalitätswandel. Der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, betont: „Aufgrund fehlender wirtschaftlicher Anreize und struktureller Probleme haben viele Unternehmen Deutschland bereits den Rücken gekehrt oder denken ernsthaft darüber nach. Wenn Deutschland nicht in der Versorgungslücke versinken soll, ist ein Umdenken notwendig, um den Pharmastandort Deutschland zu retten.“
Was Not tut, liege auf der Hand. Vordringlich sind beispielsweise:
- Senkung der enormen Steuern- und Abgabenlast. Hier ist Deutschland unter den großen westlichen Industrienationen immer weiter nach hinten gerutscht.
- Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung. Aktuell müssen sämtliche verfügbaren Kraftwerke für die Stromerzeugung bereitgestellt werden. Zudem gilt es, alle heimischen Energiequellen zu aktivieren und dazu beispielsweise Gasvorkommen durch Fracking zu erschließen.
- Erleichterung qualifizierter Zuwanderung: Insbesondere ist die zügigere Visa-Vergabe an ausländische Arbeitskräfte entscheidend. Zudem ist die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse zu erleichtern.
- Offensive für einen rascheren Infrastrukturausbau
- Vollgas bei der Digitalisierung
- Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren, u.a. durch eine Durchforstung des Regulierungsdickichts, die Stützung des Verbandsklagrechts und mehr digitale Verwaltungsverfahren
- Bürokratieabbau bei der Durchführung von Studien und der Zulassung neuer Arzneimittel
In diesem Zusammenhang begrüßt Steiger den Referentenentwurf für ein Medizinforschungsgesetz. Der Entwurf sei ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings gingen die Maßnahmen nicht weit genug. „Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Der Verlust an Standortattraktivität kann nur durch eine konsequente Wirtschaftspolitik zur Rückgewinnung bereits abgewanderter Unternehmen und zur Gewinnung neuer Big Player der Pharmawelt aufgefangen werden. Wenn Deutschland im globalen Pharmawettbewerb nicht mehr mitspielen kann, ist das nicht nur für die Versorgungssicherheit unseres Landes gefährlich, sondern für den gesamten Wirtschaftsstandort, denn Kapitalabflüsse finden auch in anderen Branchen massiv statt. Zur Revitalisierung der Pharmaindustrie sind daher weit radikalere Maßnahmen erforderlich, als sie der Gesetzentwurf vorsieht“, so Steiger.