Wirtschaftsrat lehnt Verlängerung der Mietpreisbremse ab und fordert große Mietrechtsreform
Die rot-grüne Bundesregierung hat in der vergangenen Woche eine Verlängerung der Mietpreisbremse auf den Weg gebracht. Der entsprechende Kabinettsbeschluss sieht eine Fortschreibung bis Ende 2029 vor. Das wäre ein Jahr länger, als ursprünglich im Koalitionsvertrag der gescheiterten Ampelkoalition vereinbart. Und: Die Mietpreisbremse soll auf alle bis zum 1. Oktober 2019 erstmals vermieteten Wohnungen ausgeweitet werden – ein eiskalter Vertrauensbruch. Denn Investoren war bei Einführung Investitionssicherheit für Neubauten zugesichert worden. SPD und Grüne riefen die Union auf, der Verlängerung und Ausweitung noch vor der Bundestagswahl zuzustimmen. Der Wirtschaftsrat appellierte an die Union, dies zu unterlassen. Denn: Die Mietpreisbremse ist bereits in ihrer bisherigen Form eine Investitionsbremse und schützt die Falschen.
Die Mietpreisbremse war 2015 eingeführt worden – als Provisorium, bis sich durch Neubau das knappe Wohnungsangebot verbessert haben sollte. Doch alle vollmundig von der Politik formulierten Neubauziele wurden gerissen, insbesondere und gerade durch die Ampelkoalition. Unzählige Förderprogramme und der Versuch einer zaghaften, viel zu späten und letztlich nicht mehr umgesetzten Baurechtsreform änderten daran nichts, Investoren zum Bauen zu ermutigen, zu hoch und teuer sind die Vorschriften, zu gering die Refinanzierungsmöglichkeiten.
Die neue Bundesregierung muss diesbezüglich zum großen Befreiungsschlag ausholen. Zum einen sind realpolitische Maßnahmen gefragt, um Druck von den Wohnungsmärkten zu nehmen, zum Beispiel bundesweit gültige Bau- bzw. Typengenehmigungsverfahren, Ausweisung großflächiger Baugebiete, unbürokratische Erleichterungen bei der innerstädtischen Nachverdichtung und Umnutzung einstiger Industrieflächen.
Zum anderen braucht es eine große Mietrechtsreform, denn es wäre falsch, weiterhin auf dieses erwiesenermaßen untaugliche Instrument zu setzen. Das machte der Wirtschaftsrat deutlich.
Richtig ist, dass Wohnen kein Produkt wie jedes andere ist. Es bedarf hier durchaus einer gewissen staatlichen Regulierung. Doch das Problem ist, dass diese Regulierung über die Jahre hinweg so ausgestaltet wurde, dass sie in ihrer heutigen Wirkung dringend erforderliche Investitionen in Neubau und Sanierung hemmt und den ursprünglich gedachten Schutzschirm über die falschen Zielgruppen spannt. Mietpreisbremse, Kappungsgrenze, Obergrenze nach Modernisierungsmaßnahmen: All diese Instrumente schränken die Refinanzierung eben jener Unternehmen signifikant ein, von denen im selben Atemzug erwartet wird, sie mögen bauen, bauen und bauen – unabhängig davon, ob diese nun kommunal, genossenschaftlich, als GmbH oder börsennotierte SE organisiert sind. Gleichzeitig „schützen“ diese Instrumente immer weniger die eigentlichen Zielgruppen, für die sie gedacht sind, weil sie uniform für alle gelten. Die Mietpreisbremse etwa schützt weniger den wohnungssuchenden Pfleger, der mangels Angebots und eines verriegelten Wohnungsmarktes kaum noch eine Wohnung in Arbeitsplatznähe findet, sondern vor allem die Chefärztin in ihrer 150 Quadratmeter großen Altbauetage, die eigentlich keinen finanziellen Schutz benötigt.
Um Mietern mit einer Wohnkostenbelastung von mehr als 30 Prozent wirklich zu helfen, sollten daher staatliche Hilfsmaßnahmen zielgenauer als bislang eingesetzt werden. Das ist im Übrigen auch eine Frage der Gerechtigkeit. Die Lösung liegt in der Zulassung einer Mietpreisflexibilisierung mit einer Subjektförderung für Mieter, die entsprechend bedürftig sind. Diese beiden zentralen Punkte müssen die Leitplanken der vom Wirtschaftsrat geforderten Mietrechtsreform sein.