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19.01.2023
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Wirtschaftsrat präsentiert Konzept gegen Wohnraummangel

©Adobe Stock (Brad Pict)

Der hiesige Wohnungsmarkt schlittert in eine Krise. Es fehlen so viele Wohnungen wie seit 30 Jahren nicht mehr, und der Musterschüler Deutschland verschärft sehenden Auges seine Probleme. Immer neue Auflagen und Standards treiben hierzulande nicht nur die Baukosten, sondern letztlich auch die Mieten in die Höhe, die verlangt werden müssen, damit ein Neubau überhaupt finanziert werden kann. Die fatale Folge: Die Bereitstellung bezahlbarer Wohnungen – ob freifinanziert oder öffentlich gefördert – ist kaum mehr darstellbar. Bauen in Deutschland ist heute so teuer wie nie.

Was in Wahlprogrammen und Koalitionsverträgen gut klingen mag – die „Dekarbonisierung des Bauens“ oder das „klimaneutrale Gebäude“ – erweist sich in der Praxis als maximal bedingt umsetzbar und zugleich ungemein kostentreibend. Aktuelle Preistreiber etwa sind die von der amtierenden Bundesregierung vorgenommenen Verschärfungen der Neubaustandards. Die geplante Solardachpflicht der Ampel oder auch die Quasi-Wärmepumpenpflicht werden die Preisspirale weiter anheizen. Die Preise für Solarzellen sind bereits jetzt um über 20 Prozent gestiegen. All das geschieht in einer Situation, in der steigende Zinsen und Inflationsraten, Lieferengpässe bei Baumaterialien und Technik, aus dem Ruder laufende Energiepreise und ein mittlerweile unübersehbarer Fachkräftemangel der Bau- und Wohnungswirtschaft bereits schwer zu schaffen machen.

Um die steigenden Baukosten zumindest abzudämpfen, hat die Politik durchaus das Heft des Handels in der Hand, zumindest für den Teil, der von ihr induziert ist. Sie muss nur wollen. Statt die Effizienz- und Klimastandards immer weiter zu erhöhen und damit die Baukosten weiter anzuheizen, fordert der Wirtschaftsrat eine Reduzierung der Bau- und Modernisierungsstandards. Überdies sollten eher Zielvorgaben gesetzt, statt starre Wege über Technologien, Baustoffe oder Einzelmaßnahmen vorgegeben werden. Beides – das Senken von Standards wie das Setzen von Zielvorgaben statt Technologien – würde zu einer notwendigerweise effizienteren Verwendung der aus Steuermitteln bereitgestellten Wohnungsbauförderung führen.

Die Forderungen sind Bestandteil einer entsprechenden Initiative des Wirtschaftsrates, die wir auf Basis der Vorarbeit unserer Bundesfachkommission Bau, Immobilien Smart Cities und mit der Unterstützung seiner Landesverbände in dieser Woche bundesweit ausgerollt hat.

Es braucht keinen weiteren „Wumms“, sondern ein deutliches Mehr an Pragmatismus. Die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung etwa wäre ein deutlich wirksamerer Hebel als immer höhere Anforderungen an die Gebäudehülle, zumal wir mit dem Styropor von heute den Sondermüll von morgen produzieren. Es spricht auch niemand über die Energiebilanz bei der Herstellung der Dämmung. Der Fokus sollte laut Wirtschaftsrat-Initiative daher eher auf erneuerbaren Energien, Mieterstrom, der kommunalen Wärmeplanung und vor allem auch auf Quartierslösungen liegen.

Eine schnelle, preisgünstige Antwort, um qualitätswahrend zu bauen und zu sanieren, liegt nach Überzeugung des Wirtschaftsrates zudem im seriellen Bauen. Erforderlich wäre hier indes eine bundesweit mögliche Nutzung von Typengenehmigungen, mithin endlich die Verständigung auf eine bundesweit gültige Musterbauordnung. Des Weiteren brauchen wir die konsequente Straffung und Vereinfachung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie durchgehend digitalisierte Bauämter. Da gerade in den Ballungsräumen die Ausweisung von Bauland endlich ist, muss verstärkt auch auf die Umwidmung von Nicht-Wohngebäuden gesetzt werden. Potenziale liegen in der Nachverdichtung durch Aufstockung von Supermärkten, Wohngebäuden und dem Ausbau von Dachgeschossen. Nicht zuletzt sollte auch die Möglichkeit, Neubau steuerlich stärker abschreiben zu können, oben auf der politischen Agenda stehen. Breitere Abschreibungsoptionen wären deutlich effektiver als immer mehr Fördergelder in das System zu pumpen.

Derzeit wird das Spannungsverhältnis zwischen Klimaschutz und bezahlbarem Wohnraum einseitig zugunsten des Klimaschutzes aufgelöst, ohne die zahlreichen Herausforderungen der Wohnungswirtschaft zu berücksichtigen. Die Bundesregierung muss das Thema ‚Wohnen‘ endlich sachlich, ausgewogen und vor allem mit angebotsorientierten Lösungen anpacken, statt es ideologisch weiter aufzuladen – gerade und im Sinne aller Bürgerinnen und Bürger hierzulande, die dringend eine Wohnung suchen.