Überarbeitung der Stromnetzentgeltverordnung darf nicht zu einer Mehrbelastung für die energieintensive Industrie führen
Die Transformation hin zu erneuerbaren und schwankenden Stromquellen erfordert eine grundlegende Neuordnung des Strommarktes sowie der Netzentgelte, um Anreize für Flexibilität zu schaffen. In diesem Zusammenhang haben das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie die Bundesnetzagentur (BNetzA) Vorschläge unterbreitet und Konsultationsverfahren eingeleitet. Diese Pläne haben jedoch in der Branche große Verunsicherung ausgelöst. Sie werden als Hinweis darauf verstanden, dass in einem System mit volatiler Stromerzeugung aus Wind- und Solarkraft nicht jederzeit eine ausreichende Stromproduktion zur Deckung der Nachfrage gewährleistet werden kann. Und zugleich befürchtet die Industrie, dass die Bandlast-Privilegierung für energieintensive Unternehmen mit wenig flexiblen Prozessen wie etwa in der Chemiebranche verloren geht. Das heißt, die Betriebe müssen am Ende massiv höhere Stromkosten tragen und werden noch weniger wettbewerbsfähig als heute sein, mit der Gefahr, dass sie ihre Produktion in die Länder mit günstigeren Strompreisen verlegen.
Aus diesem Grund warnen Astrid Hamker, Präsidentin des Wirtschaftsrates, und Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrates, in einem gemeinsamen Brief an die Bundesnetzagentur und das Bundeswirtschaftsministerium vor den potenziell steigenden Stromkosten und den damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen für Unternehmen: „Bereits jetzt planen immer mehr Firmen, energieintensive Neu- und Folgeanlagen zunehmend im Ausland zu errichten. Eine zusätzliche Belastung für diese Betriebe in Deutschland durch Änderungen bei den Netzentgelten darf es daher nicht geben. Wir fordern den Bundeswirtschaftsminister auf, bei der Entwicklung des neuen Strommarktdesigns ausreichend gesicherte Leistung einzuplanen.“
Darüber hinaus fordern wir, bei der geplanten Ermittlung flexibler Netzentgelte das Bandlastprivileg für energieintensive Unternehmen beizubehalten, die aus technologischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht flexibel agieren können. Es ist unerlässlich, die Risiken eines Umstiegs im Vorfeld angemessen zu quantifizieren. Bei jeder bedeutenden öffentlichen Investition werden umfassende Kosten-Nutzen-Analysen durchgeführt. Gerade bei dieser entscheidenden Frage für die Existenz ganzer Industrien am Wirtschaftsstandort darf keinesfalls der Eindruck entstehen, dass ein neues System per Federstrich verordnet wird, das den Anforderungen eines starken Industrielandes nicht gerecht wird.
Die Höhe der Netzentgelte und des Strompreises insgesamt ist für viele Unternehmen zu einer existenziellen Frage geworden. Daher sollte die Einbeziehung aller relevanten Stakeholder, insbesondere der betroffenen Industrieunternehmen, für die Bundesregierung und die Bundesnetzagentur von fundamentalem Interesse sein.