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Bericht
21.06.2021
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Aus den Ländern (Baden-Württemberg) - Die Fußball-Bundesliga im Wandel?

Die Finanzvorstände Tobias Keller und Oliver Leki im Gespräch mit dem Wirtschaftsrat
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Gesellschaftliche Verantwortung mit Wirtschaftlichkeit verbinden: Am 22.06. resümierten die Finanzvorstände der beiden baden-württembergischen Fußballclubs VfB Stuttgart und SC Freiburg Tobias Keller und Oliver Leki das Wirtschaften ihrer Vereine in der Corona-Krise und gaben einen Ausblick auf die Zukunft der Bundesliga. Die Veranstaltung mit dem Titel „Die Fußball-Bundesliga im Wandel“ fand unter der Schirmherrschaft der Sektion Stuttgart statt und wurde von Sektionssprecher Steffen Beck moderiert.

 

Tobias Keller sieht im Zeitpunkt der plötzlichen Einstellung jeglichen Betriebs im letzten Jahr eine Art Stunde Null. Aus einer Managerperspektive sei die Situation aber interessant gewesen. Die primären Ziele des Vereins in den ersten Wochen und Monaten hätten in erster Linie aus dem Gesundheitsschutz und dem Sichern von Arbeitsplätzen bestanden. Eine eilig aufgestellte Task Force zur Liquiditätssicherung spielte verschiedene wirtschaftliche Szenarien durch, wobei der Klassenerhalt und die Möglichkeit überhaupt Spiele durchzuführen die wichtigsten Faktoren waren. Unter dem Strich war zum Schluss der letzten Saison ein Umsatzverlust von 45 Millionen Euro zu verbuchen. Durch Gehaltsverzicht von Spielern und Mitarbeitern, Kurzarbeit, Zuschüssen und einem KfW-Kredit konnte dies allerdings ausgeglichen und eine liquide Finanzsituation erhalten werden.

Oliver Leki sieht seinen Verein in einer wirtschaftlich stabilen Situation und blickt trotz aller Probleme positiv auf das letzte Jahr zurück. Durch konsequente Transfers und drei Spielerverkäufe habe der SC Freiburg seine Wirtschaftlichkeit ohne Zuschüsse erhalten können. So konnte auch während der Pandemie der Bau des Vereinsstadions nach Plan vorangetrieben werden. Er betont aber, dass viele Vereine solche Ausnahmesituationen nicht monatelang ohne staatliche Hilfen oder Erleichterungen stemmen könnten. Es wäre ungerecht, wenn Fußballclubs hier anders als andere Unternehmen wahrgenommen werden würden. Dennoch erkennt er die Notwendigkeit eines Systemwandels, Fußballvereine würden zu häufig zu geringe Rücklagen bilden. Hier ginge es auch um die grundsätzliche Frage wie der Markt der 1. Und 2. Bundesliga aufgebaut sein solle. Mehr als je würde in den nächsten Monaten die 50+1 Regel in den Fokus der Diskussion rücken, zu der Herr Leki sich fest bekennt. Weiterhin sei das Finanzgefälle der in Champions und Europa League spielenden Vereine zum Rest der Bundesliga ein potentielles Marktproblem. Die größte Herausforderung des Fußballs sei für ihn das schleichende Entrücken des Profifußballs von der Gesellschaft umzukehren und sich als Fußballvereine wieder im gesellschaftlichen Leben zu verankern und Verantwortung zu übernehmen. 

Im Gespräch mit den Teilnehmern bekunden beide Finanzvorstände, dass sich die Spieler trotz des ersten Schocks schnell an die Umstände gewöhnt hätten. Zudem sei die Entscheidung zu Geisterspielen richtig gewesen. Als erste Liga in Europa, die durch diese Maßnahme wieder öffnen konnte, ist die Bundesliga dadurch als verlässliche Investition auch wieder attraktiver für in- und ausländische Investoren geworden. Dennoch würde sich vor allem die Premier League, auch aufgrund der größeren Investitionsfreiheiten, stetig von der europäischen Konkurrenz absetzen.

Gehaltsobergrenzen für Spieler seien weiterhin nur auf europäischer Ebene realisierbar, die Zeit sei jetzt günstiger denn je, der politische Wille sei ebenfalls gegeben. Eine Prognose wie sich die Vorgaben für Zuschauer entwickeln werden, wollen beide nicht abgeben.

Tobias Keller sieht abschließend den VfB Stuttgart nach vielen Fehlern der letzten Jahre auf einem soliden Weg, der vorübergehende Abstieg habe dem Verein gut getan, er habe nun die Chance als Krisengewinner aus dem Ausnahmezustand zu gehen. Oliver Leki attestiert dem SC Freiburg in den letzten zehn Jahren eine stete strukturelle und spielerische Entwicklung nach vorne, diese wollen er und sein Verein auch fortführen.