Inflation Reduction Act – was ist Europas Antwort?
Mit dem Inflation Reduction Act (IRA) haben die USA ein milliardenschweres Investitionspaket verabschiedet. Um eine Inflationsreduzierung geht es bei dem rund 433 Milliarden Dollar schweren Investitionspaket der US-Regierung unter Präsident Joe Biden jedoch nicht primär. Vielmehr soll die amerikanische Industrie klima- und zukunftsfest gemacht werden. Die EU und ihre Mitgliedsstaaten befürchten, dass dies auf Kosten des Standorts Europa geschehen könnte, denn angesichts höherer Energiepreise in Europa und attraktiver US-Subventionen könnten einige europäische Unternehmen in die USA abwandern.
Die Frage, was Europas Antwort auf den IRA ist, haben die Mitglieder der Landesfachkommission Automotive, Maschinen- und Anlagenbau dem stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament und Sprecher im Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Dr. Andreas Schwab MdEP, in einer digitalen Sitzung gestellt.
Der Europaabgeordnete begann seine Ausführungen damit, dass der IRA nicht komplett negativ gesehen werde sollte, da damit Anreize zur klimaneutralen Transformation der Wirtschaft geschaffen würden. Der IRA gehe allerdings über reine Anreize hinaus und stelle auch Anforderungen an die Supply Chain. Die Biden-Regierung habe dabei zwei Leitmotive: Wiederwahl und Abgrenzung zu China. Hieraus entstünden Probleme in der transatlantischen Zusammenarbeit.
Was kann also Europas Antwort sein,
ohne den transatlantischen Handel dabei in Frage zu stellen? Dr. Schwab betonte,
dass ein integrierter Ansatz zur Umwandlung der europäischen Industrie zur
Klimaneutralität nötig sei. Zudem müsse der Abschluss neuer Handelsabkommen
vorangetrieben werden – wobei eines mit den USA gerade nicht in Sicht sei. Als
Teil der Antwort auf den IRA werde auch der Entwurf der EU-Kommission für ein
Netto-Null-Industriegesetz („Net Zero Industry Act“) angesprochen.
Dr. Schwab gab zu bedenken, dass Europa vor allem bei den Lieferketten für Rohstoffe besonders vulnerabel sei. In der Vergangenheit seien in diesem Bereich enorme Abhängigkeiten entstanden. Für eine größere Sicherheit könnten eine intensivere Zusammenarbeit mit den jeweiligen Partnern, neue Freihandelsabkommen, beispielsweise Mercosur, und „Clubs“ mit rohstoffreichen Ländern sorgen. Dies seien allerdings Maßnahmen, die langfristig angelegt sein müssen und nicht sofort greifen können. Europa müsse wettbewerbsfähiger werden und sein Wohlstandspotential auszunutzen.
Der Vorsitzende der Landesfachkommission, Dr. Hartmut Baur, merkte an, dass es neben der Kaufförderung von lokal produzierten E-Fahrzeugen für die Kunden auch eine sehr starke lokale Produktionsförderung gebe. Die starke Subventionierung der Batterieherstellung in den USA wirke sich auf die Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller aus und könne zu einer starken Marktverzerrung führen. Dies beeinflusse dann auch Investitionsentscheidungen, bei denen aber auch geopolitische Erwägungen immer wichtiger würden. Europa gelte nach wie vor als Stabilitätsanker, dennoch gebe es den Trend, in den Märkten vor Ort zu sein.
Andreas Schwab bekräftigte, dass eine höhere Sicherheit für Investitionen in Europa geschaffen werden müsse. Dafür brauche es eine bessere Voraussehbarkeit regulatorischer Maßnahmen.
Dr. Andreas Möller, stellvertretender Vorsitzender der Landesfachkommission, ergänzte, dass die USA darüber hinaus mit dem CHIPS and Science Act digitale Souveränität und eine eigene Chipproduktion forcierten. Auch hier stehe Europa in einem Wettbewerb und enorm unter Druck, den Anschluss nicht zu verlieren. Die baden-württembergische Industrie habe große Sorge vor einem Decoupling mit China. Die Bundesregierung habe die wechselseitigen Verflechtungen zu wenig im Blick.
Die Landesfachkommission folgerte, dass in den Außenhandelsbeziehungen mehr Pragmatismus gefragt sei. Gemeinsamkeiten statt Gegensätze sollten betont werden, um Freihandelsabkommen als Basis für die Zusammenarbeit zu etablieren. Um dabei Erfolg zu haben, seien gleichberechtigte Beziehungen essenziell.