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Bericht
26.01.2022
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Optimistischer Ausblick mit geopolitischen Risiken

Analyst Folker Hellmeyer gab beim Business-Lounge eine erste Beurteilung zur finanzpolitischen Weltlage und zum aktuellen Weltgeschehen.
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Folker Hellmeyer, langjähriger Analyst der Bremer Landesbank und ausgewiesener Experte für die Beurteilung der finanzpolitischen Weltlage, enttäuschte die Mitglieder des Wirtschaftsrates Bremen beim Business Lunch in der Havanna Lounge nicht und bot einen Rundumschlag zum aktuellen Weltgeschehen.


Natürlich kam auch er am dominierenden Thema Corona nicht vorbei, genauer: der Omikron-Variante. Sie sei Anlass zu Demut, biete aber auch Chancen. Die Gefährlichkeit der Sterberaten nehme im Verlauf ab. Das Intensivregister weise einen dramatischen Rückgang der Intensivbelegung auf. Das Verhältnis von Inzidenz zu Sterblichkeit gehe stark zurück. Großbritannien sei hoffentlich ein Vorreiter bei der bevorstehenden Aufhebung aller einschränkenden Maßnahmen. Er sehe daher einen Anlass zu begründeter Hoffnung, aber nicht zur Euphorie.


Nach dem Ende der Pandemie sagt Hellmeyer ein starkes Wachstum im Dienstleistungssektor voraus. Die Menschen hätten viel Geld gespart, insbesondere im Tourismus würden daher viele Reisen nachgeholt werden.


Mit Blick auf die jüngste Zinswende der amerikanischen Notenbank gab sich der Analyst ironisch überrascht: Zinsen können also steigen, wer hätte das gedacht! Er begrüßte diese Entwicklung ausdrücklich, sie sei ein Schritt zurück zur Normalität. Daher habe er auch kein Verständnis für die aufkommende Panik an den Märkten. Grund für die geänderten Rahmenbedingungen sei die Inflation, die in den USA bei 7 Prozent liege. In Europa hingegen liege die Kerninflation bei lediglich 2,6 Prozent, weshalb der Druck auf die EZB deutlich geringer sei.


Ausgesprochen positiv bewertet Hellmeyer das ihm zufolge größte Investitionsprogramm seit dem Marshall-Plan: Die grüne Transformation, also die Umstellung der Privatwirtschaft auf nachhaltige Wirtschaftsformen. Hinzu kämen staatliche Infrastrukturprogramme sowohl in den USA als auch in der EU. Der sich verschärfende Arbeitskräftemangel bringe zudem mehr Menschen in den Arbeitsmarkt, was eine erhöhte Kaufkraft auslöse. Für die Umstellung der grünen Transformation werde zudem die Old Economy gebraucht: Maschinen- und Anlagenbauer. 


Das alles lasse ihn sehr optimistisch in die Zukunft blicken, so Hellmeyer. Es gebe allerdings zwei Risiken.


Zum einen reduziere der Westen den Verbrauch der fossilen Brennstoffe. Dadurch verliere er die Fähigkeit der Preisfestsetzung, wodurch die Preise tendenziell stiegen. Auf diese Weise seien die ehrgeizigen Klimaziele bis 2050 gefährdet. Ziele, die er ausdrücklich begrüße, so Hellmeyer. Doch für deren Erreichung bedürfe es Pragmatismus und nicht Ideologie.


Zum anderen sei da selbstverständlich der geopolitische Aspekt, die Auseinandersetzung mit Russland. Hellmeyer wurde deutlich: Für den Failed State Ukraine dürfen wir keinen Krieg mit Russland riskieren. Den im Raum stehenden Sanktionen gegen Russland sagte er voraus, dass keine davon greifen würden. Ein Ausschluss aus dem SWIFT-System beispielsweise werde Lieferungen von Öl und Gas aus Russland de facto unmöglich machen, wogegen die aktuellen weltweiten Lieferkettenengpässe geradezu lächerlich wirken würden. Er begrüßte daher ausdrücklich die zurückhaltende Politik der Bundesregierung in diesem Punkt.