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Bericht
30.01.2022
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Aus den Ländern (Bremen) - Was Ludwig Erhard uns heute noch zu sagen hat

Neujahrsveranstaltung zum Gedenken an den 125. Geburtstag Ludwig Erhards mit Ministerpräsident a. D., Prof. Dr. hc. mult. Roland Koch
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Am 4. Februar 2022 jährte sich der Geburtstag Ludwig Erhards zum 125. Mal. Grund genug für den Wirtschaftsrat Bremen, gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung Bremen an den Begründer der Sozialen Marktwirtschaft zu erinnern. Als Referenten konnten die Veranstalter den Vorsitzenden der Ludwig Erhard Stiftung, Prof. Dr. h.c. Roland Koch, gewinnen.

Roland Koch nahm in seinem Statement das Ergebnis seiner Ausführungen vorweg und stellte fest, Ludwig Erhard werde auch in Zukunft eine bedeutende und wichtige Persönlichkeit der deutschen Politik und Wirtschaft bleiben. Denn an Erhard könne man sehr anschaulich machen, wie das Wirtschaftswunder funktionieren konnte. Ludwig Erhard biete die Möglichkeit einer sehr breiten Identifikation mit diesem Thema.

Dabei war der frühere Bundeswirtschaftsminister kein originärer Wirtschaftswissenschaftler. Vielmehr hatte er als Sohn eines Kaufmanns praktische Erfahrung und war zeitlebens an der Frage interessiert, wie Wirtschaft entsteht. Laut Roland Koch war Ludwig Erhard weder ein „richtiger“ Politiker noch ein „richtiger“ Wissenschaftler

Was waren Ludwig Erhards Überzeugungen? Für ihn stand nach Meinung Roland Kochs fest, dass die Bürger und Verbraucher im Mittelpunkt des Wirtschaftsgeschehens stehen. Wichtig seien die Freiheit des Einzelnen und die Selbstorganisation des Marktes. Jedoch: Der Markt organisiere sich nicht von selbst! Drei Lehren habe Ludwig Erhard aus den Krisen der Zwischenkriegszeit gezogen: Der Verbraucher muss frei sein. Der Markt muss funktionieren. Eigentum muss möglich sein.

Ludwig Erhard war davon überzeugt, dass der Verbraucher immer klüger als ein Planer im Ministerium ist. Daher habe er der Bürokratie misstraut und war viel lieber bei den Unternehmern, stellte Roland Koch fest. Für seine Meinung habe er aber Mehrheiten suchen und gegen Widerstände kämpfen müssen. Sein Kurs sei mitnichten Common Sense gewesen. Dieses Kämpfen um Mehrheiten, auch gegen die allgemeine öffentliche Meinung, könnten sich politisch Verantwortliche heute von Ludwig Erhard abschauen, sagte Roland Koch.

Ludwig Erhard habe erkannt, dass es für einen freien Markt eines starken Staates bedürfe. Diese müsse für die erforderliche Infrastruktur, Rechtssicherheit, eine stabile Währung und eine Wettbewerbsordnung sorgen, die die Souveränität des Verbrauchers erhält. Das bedeute aber zugleich: Freiheit kann zugleich sowohl Last als auch Verpflichtung sein. Mit Skepsis habe Erhard die ausufernden Sozialsysteme beäugt, da sie die Menschen zunehmend aus der Eigenverantwortung entließen.

Eine Transformation der Lehren Ludwig Erhards auf die heutigen wirtschaftspolitischen Herausforderungen sei laut Roland Koch nicht ohne Weiteres möglich, da er zwei Entwicklungen nicht vorhersehen konnte: die zunehmende Bedeutung des Umweltschutzes sowie die Digitalisierung. Er sei aber dennoch kein Bild fürs Museum. Vielmehr sei sein Politikansatz heute moderner und wichtiger als je zuvor: Politik dürfe sich nicht nach Meinungsumfragen richten. Menschen müssten vielmehr mit Argumenten überzeugt werden.

In der anschließenden Diskussion unter Leitung von Wirtschaftsjournalistin Dr. Ursula Weidenfeld richtete sich der Blick auf das neue Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Die Frage dränge sich auf, ob hier Markt durch Mission ersetzt werden solle. Roland Koch räumte selbstkritisch ein, eine CO2-Bepreisung hätte sinnvollerweise bereits vor 30 Jahren erfolgen müssen, dann stünde das Land heute anders da. Die Bereitschaft dazu sei aber zur damaligen Zeit nicht vorhanden gewesen. Daher müsste man heute einen CO2-Preis einführen, der deutlich höher wäre als der aktuelle. Dafür müsste es dann aber einen Sozialausgleich geben, forderte Koch.

Eine frühzeitige CO2-Bepreisung hätte seiner Meinung nach auch den positiven Effekt gehabt, dass der Markt über die automobile Zukunft entschieden hätte. Die Frage, ob Wasserstoff, E-Fuels oder Elektrizität die „richtigen“ Antriebsstoffe seien, hätte nicht durch die Politik entschieden werden müssen.

Mit seiner Schlussbemerkung betonte Roland Koch nochmals die Eigenverantwortung aller Bürger und warnte vor einem Ausufern des Sozialstaates: Die Soziale Marktwirtschaft mildere die Risiken des Lebens, sie beseitige diese Risiken aber nicht.