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Bericht
30.06.2021
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Deutscher Startup Monitor 2020 - Ökosystem Bremen

Keimzelle des Unternehmertums, die Bremer Startup Szene auf dem Prüfstand.
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Eine Unternehmensgründung ist häufig mit großen Herausforderungen und Problemen verbunden, und nicht selten wird dieser Prozess durch bürokratische Vorgänge noch weiter erschwert. Menschen zu ermutigen, ihre Ideen zu verwirklichen und den Schritt in eine Gründung zu wagen, muss das Ziel einer gelungenen Wirtschaftspolitik sein. Das Thema Startups wird daher auch vom Wirtschaftsrat Bremen in der Veranstaltung „Deutscher Startup Monitor 2020 – Ökosystem Bremen“ aufgegriffen.

 
Stefan Geers, Wirtschaftsprüfer bei PwC, erklärte zu Beginn, der Deutsche Startup Monitor werde vom Bundesverband Deutsche Startups e.V. herausgegeben und PwC sei als einer der Partner an dem Projekt beteiligt, da das Unternehmen als Berater Unternehmen in jeder Phase ihrer Entwicklung unterstützen möchten, auch ganz zu Beginn. PwC habe bereits Startups wie Delivery Hero begleitet und seit kurzem auch seine eigene Investmentgesellschaft, über die man sich an Startups beteilige.


Christoph Haß, Co-Lead Startup Services und Scale-up Driver bei PwC, erläuterte, das allgemeine Klima für Startups habe sich in Bremen verbessert, könne aber noch ausgebaut werden. Diese Erkenntnis gründe sich auf der Ergebnisse des deutschen Startup Monitors 2020. Die Bremer Startups bewerteten dort das Startup-Ökosystem Bremens im Mittelfeld, leicht unterhalb des bundesdeutschen Durchschnitts. Die Bremer Startups seien zumeist in einer frühen Entwicklungsphase und hätten im Durchschnitt ein Alter von 2,3 Jahren, der bundesdeutsche Durchschnitt liege bei etwa 2,5 Jahre. Die Bremer Gründer wollen ihr Startup meist gerne weiterführen und strebten selten einen Exit an. Sie setzten auf digitale Geschäftsmodele und hätten ein unterdurchschnittliches Interesse an einer internationalen Expansion. Dass könne aber auch mit der frühen Phase zusammenhängen, in der sich die meisten Bremer Startups befinden.

 
Andrea Herzig-Erler, Geschäftsführerin der Jacobs University Bremen GmbH, erklärte, das Bremer Startup-Ökosystem sei durch Nahbarkeit und einen hanseatischen Realismus geprägt. Es habe schon länger Player in Bremen gegeben, die allesamt für sich tolle Arbeit gemacht hätten. Über die letzten Jahre seien diese aber zu einem richtigen Ökosystem zusammengewachsen. Bremen habe den Vorteil, dass alles klein und schnell erreichbar sei, jeder kenne hier jeden. Die frühe Phase vieler Startups in Bremen zeige, dass sich das Startup-Ökosystem Bremen entwickle und auf einem guten Weg sei.


Jan Wessels, Initiator und Gründer von Bremen Startups, befand, Bremen komme, was Startups angehe, gerade in Schwung. Er habe selbst gegründet und sich über die fehlende Infrastruktur für Startups geärgert; diese habe es zu diesem Zeitpunkt in vielen größeren Städten Deutschlands bereits gegeben. Deshalb habe er angefangen, Veranstaltungen zu organisieren und die Szene so zu vernetzen und aufzubauen.


Dr. Hendrik Thamer, CEO und Co-Founder der Cellumation GmbH, bekannte, die Entwicklung, die Bremen gemacht habe und die auch von Jan Wessels maßgeblich vorangetrieben worden sei, sei toll. Die hanseatische Ehrlichkeit des Bremer Startup-Ökosystem schätze er sehr. Schnelle Kontakte, keine Exit-Fokussierung und lineares Wachstum seien Eigenschaften Bremer Startups, die er sehr schätze. Bremen verkaufe sich manchmal unter Wert.

 
Elias Bosch, Team Member bei Pryzl - Food-start-up, räumte ein, Pryzl sei noch ganz am Anfang. Die Gründer seien wie er selbst auch alle von der Jacobs Universität und erst Anfang 20. Die aktuelle Frage sei, wo Pryzl gegründet werden solle. Bremen habe einige Vorteile, die zum Teil auch schon genannt worden seien. Für ein internationales, englisch-sprachiges Team sei es aber schwer fußzufassen, die Internationalität anderer Städte fehle in Bremen. Städte wie Hamburg und Berlin verfügten über Unterstützungsprogramme für Startups in der Frühphase, was er in Bremen vermisse. Die Gründer seien aber motiviert, in Bremen zu bleiben.

 
Stefan Geers meinte, es sei zu beachten, dass bei dem deutschen Startup Monitor 2020 der Erhebungszeitraum Mitte 2020 beendet wurde, weshalb die Auswirkungen der Corona-Pandemie nur teilweise dargestellt würden. Für diesen Zeitraum gelte aber, dass die Bremer Startups mehr eingestellt hätten als im Jahr 2019, die Einstellungsrate habe sich aber verlangsamt. Der Anteil an Gründerinnen habe zugenommen und liege in Bremen nun über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Sie sei mit 29% Gründerinnen zu 71% Gründern aber immer noch sehr ausbaufähig. Nachhaltigkeit sei eine Thematik, die fast alle Startups bei ihrer Schwerpunktsetzung ganz vorne mit anführen. Bremer Startups finanzierten sich am liebsten aus Ersparnissen und Investitionen von Freunden und Familie. Eine bessere Förderungsstruktur werde aber gewünscht. Die Corona-Pandemie habe dazu geführt, dass Veranstaltungen deutlich abgenommen hätten, der Austausch untereinander, mit wissenschaftlichen Einrichtungen und mit etablierten Unternehmen habe stark gelitten.

 
Das Bremer Startup-Ökosystem sei überdurchschnittlich gut, was das Netzwerk zwischen Gründern betreffe und was bezahlbare Büroimmobilien angehe. Der Bremer Standort sei durchschnittlich, was die Vernetzung mit Universitäten angehe und unterdurchschnittlich, was Anziehung von auswärtigen Talenten, Zugang zu Kapital, Investoren sowie Beratern und Mentoren angehe.

 
Florian Würzburg, Stellvertretender Landesvorsitzender des Wirtschaftsrates Bremen, berichtete, er habe bei seiner Arbeit als Notar oft mit Gründern zu tun, die klassischer Weise meist eine GmbH gründen wollten. Oft seien die Gründer von der Langsamkeit der Behörden überrascht. Eine GmbH-Gründung könne sechs bis acht Wochen dauern. Werde das den Gründern richtig kommuniziert und was könne man da verbessern, so seine Frage. Das sei ein Faktor, den er durchaus mit Gründern bespreche und man wünsche sich allgemein schnellere Strukturen in dieser Hinsicht, so Jan Wessels.

 
Dr. Hendrik Thamer ergänzte, die Startups böten Bremen die Chance, spannende neue Technologien zu etablieren, die Arbeitsplätze schaffen und zum Aushängeschild für die Stadt werden könnten. Auch über die Zusammenarbeit mit etablierten Unternehmen würden Startups die Wirtschaftsstruktur und Kultur verändern. Da sie, im Austausch mit traditionellen Unternehmen, frische Impulse setzen.

 
Andrea Herzig-Erler betonte, sich als Universität mit dem Thema Startups auseinander zu setzen und Projekte zu fördern, galt vor ein paar Jahren noch als chic und war etwas, mit dem man sich schmücken konnte. Heute gehöre es zum Standard und werde von den Studenten erwartet. Startups seien eine Bereicherung für die deutsche Wirtschaftslandschaft, da sie noch keine überbordenden Strukturen etabliert hätten. Bei Startups sei alles sehr flexibel und kundenorientiert. Dieses kundenorientierte Mindset könne ein Anstoß für Mittelständler und andere Unternehmen sein, mit denen die Startups kooperieren, sich weiterzuentwickeln und verkrustete Strukturen aufzubrechen. Die Unis können dabei helfen, Kompetenzen in die richtige Richtung aufzubauen.

 
Elias Bosch meinte, der Fokus auf Nachhaltigkeit sei bei seinen Kommilitonen und in seiner Generation allgemein stark verwurzelt. Die Wahl der zukünftigen Tätigkeit werde sehr häufig am Kriterium der Nachhaltigkeit gemessen.

 
Jan Wessels betonte, seit etwas über einem Jahr kämen vermehrt Unternehmen auf ihn zu, die sich bei ihm erkundigen würden, ob es interessante Startups in ihrem Bereich gebe. Die traditionellen Unternehmen schienen nun also immer aufmerksamer zu werden auf die Bremer Startup-Szene. 

 

Was erwarten die Diskutanten für die Zukunft?


Elias Bosch wünscht sich, dass das Kapital, das es in Bremen gibt, verstärkt den Weg in die Frühphasen der Startups finde. Dr. Hendrik Thamer meinte, die aktuelle Entwicklung sehe er sehr positiv und wünsche sich, dass sich diese so weiter fortsetze. Andrea Herzig-Erler war der Meinung, der Prozess des Zusammenwachsens sollte sich weiter fortsetzen, und Bremen müsse sich mehr feiern, denn es sei schon einiges erreicht worden.

 
Stefan Geers und Christoph Haß stellen zum Schluss in Aussicht, die Veranstaltung in ähnlicher Form im nächsten Jahr mit dem Startup Monitor 2021 zu wiederholen.