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Bericht
20.06.2021
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Aus den Ländern - (Bremen) - Auf dem Sprung in die Zukunft

Potenzial der Künstlichen Intelligenz für den Bremer Mittelstand
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Künstliche Intelligenz ist Gegenstand zahlreicher Phantasien und Zukunftsvisionen. Sie soll künftig das autonome Autofahren ebenso ermöglichen wie das neutrale und zielgerichtete Recruiting. Die Landwirtschaft soll von ihr genauso profitieren wie der Logistiksektor. Doch nicht immer muss KI das erste und einzige Mittel der Wahl sein. Die Themen Vernetzung, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz werden nicht nur für die großen Konzerne, sondern auch für den Mittelstand immer wichtiger. Für die deutsche Wirtschaft ist es notwendig, sich mit dem Thema KI-Anwendungen auseinanderzusetzen und Möglichkeiten für das eigene Unternehmen abzuwägen, um den Anschluss zu diesen Fragen nicht zu verlieren. Deshalb hat sich der Wirtschaftsrat Bremen diesem Thema im Rahmen seiner Landesfachkommission Digitale Wirtschaft angenommen.

 
Bernd Kidler, Vorsitzender der Landesfachkommission Digitale Wirtschaft und Senior Vice President MR PlanFabrik GmbH, leitete die Veranstaltung mit der Bemerkung ein, Künstliche Intelligenz (KI) sei ein Thema, das die Wissenschaft schon seit der Mitte des 20. Jahrhunderts beschäftige. Alan Turing, britischer Logiker, Mathematiker, Kryptoanalytiker und Informatiker, war einer der Vorreiter auf diesem Gebiet. Er gilt als einer der einflussreichsten Theoretiker im Bereich der Computerwissenschaften und Mitbegründer der Informatik. Der Turing-Test, den er 1950 entwickelte, sollte das Denkvermögen eines Computers testen. Ein Computer habe dann das Denkvermögen eines Menschen erreicht, wenn ein neutraler Beobachter bei einem Gespräch zwischen einem Menschen und einem Computer nicht bestimmen könne, welcher Gesprächsteilnehmer der Mensch sei. Der Turing-Test wurde 1950 erstmals vorgestellt, und die KI kämme jetzt, 70 Jahre später, langsam in den Bereich, wo dies möglich zu sein scheint. Die Frage nach Künstlicher Intelligenz und den Chancen und Risiken beschäftige die Wissenschaft demnach schon seit Langem, so Kidler.


Wenn von KI die Rede sei, gehe es vor allem um die Entwicklung und Nutzung von intelligenten Agenten, die selbstständig Probleme lösen können. Diese Definition gebe aber Raum für verschiedene Arten von KI. Die eine Art, die auch das Bild der KI besonders präge, sei die starke KI, in diesem Bereich versuche man, dem menschlichen Verstand möglichst nahezukommen. Sie präge das Bild von KI, da sie den höchsten Innovationsgrad darstelle und auch in der Popkultur viele Referenzen erzeuge. Die andere Art, bekannt als schwache KI, sei auf eine konkrete Lösung eines Anwendungsproblems fokussiert. Sie sei nicht so bekannt, finde dafür aber bereits weiträumig Anwendung. Dabei gehe es im kleinen Rahmen um die Fähigkeit zur Selbstoptimierung. Erkenntnisse gewinnen, aus diesen eigenständig Schlüsse ziehen und Veränderungen vornehmen. Das sei es, was die schwache KI ausmache.

 
Christoph Ranze, Gründer und Geschäftsführer der encoway GmbH aus Bremen, berichtete im Anschluss über die praktischen Anwendungen von KI und Beispiele ihrer Anwendungen in der mittelständischen Industrie. Diese seien sehr breit gestreut, von Verkaufsprognosen und Lagerbestandsanalysen, Prognosen in der Stromversorgung über medizinische Prognose-Tools bis hin zur Verbrechensbekämpfung gebe es zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für Künstliche Intelligenz.


Die Intralogistik sei ein Bereich, in dem KI-Anwendungen sinnvoll zum Einsatz kämen.Aktiv genutzt würden sie bei der Überwachung von systemkritischen Komponenten in der Fördertechnik. Beispielsweise bei Regalbediengeräten, die Waren in Hochregallagern vollautomatisiert verstauen und wieder herausnehmen. Der ungeplante Ausfall einer solchen Maschine koste viel Geld, da Ersatzteile nicht immer direkt verfügbar seien und ungeplanter Stillstand Lieferketten und eng getaktete Abläufe durcheinanderbringe. Deshalb müssten diese Maschinen regelmäßig gewartet werden. Diese Wartungen jedoch kosteten auch Geld, und es sei oft der Fall, dass die Wartung unnötigerweise geschehe, um einem ungeplanten Ausfall zuvorzukommen.

 
Der Einsatz der KI in diesem Bereich liege im Feld der Predicted Maintenance. Die KI werte die Motorendaten aus und suche nach Unregelmäßigkeiten. Durch Laborversuche und eine große Menge an Daten habe die KI bereits ein bestimmtes Wissen über die Anomalien sammeln können, die sich in den Daten ergeben, wenn ein Ausfall bevorsteht. So könne die KI erkennen, wann ein Ausfall wahrscheinlich wird und dies melden. Der Kunde könne dann am Gerät auslesen, wann eine Wartung notwendig sei und welches Bauteil ausgetauscht werden müsse.

 
Wie in diesem Beispiel gebe es in vielen mittelständischen Unternehmen Potenzial für KI-Anwendungen. KI sei aber dennoch nicht in jedem Fall die richtige Lösung. Es gelte, sich das Problem anzusehen und zu schauen, wie eine Lösung erreicht werden könne. Dafür könnten KI-Anwendungen in vielen Fällen hilfreich sein. Jedoch nur als eine Komponente, die im Zusammenspiel mit anderen Bereichen der Anwendung funktionieren muss und darüberhinaus kein Allheilmittel darstellt.


Bastian Müller, Referent Innovation, Digitalisierung & neue Themen, ansässig bei der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa, berichtete abschließend über die Herausforderungen der KI-Anwendungen. Während die großen Konzerne die Möglichkeiten der KI-Anwendungen ausloteten und sich in Fragen der KI-Anwendungen und Digitalisierung positionierten, drohten viele mittelständischen Unternehmen den Anschluss zu verlieren. Die Möglichkeiten, die KI-Anwendungen heute böten und derzeit noch als „nette Erweiterung“ wahrgenommen würden, könne die Geschäftsvoraussetzung von morgen sein.


Eine weitere Herausforderung sei der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in der Branche. Das Land Bremen fördere viele Maßnahmen, um jungen Menschen den Einstieg in das Feld der IT und KI zu ermöglichen, könne aber mit dem Bedarf aus der Branche nicht mithalten. Deshalb gelte es, sowohl Anreize zu schaffen, um junge Menschen für die Branche zu begeistern, als auch Mitarbeiter in Unternehmen fortzubilden, um dem Mangel an Facharbeitern zu begegnen. Genug Arbeit gebe es in jedem Fall.