Hidden Champion zeigt Flagge in Bremen
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kaffeeliebhaber in Deutschland schon einmal ein Produkt von AZUL Kaffee aus Bremen getrunken hat, ist sehr groß: Das Unternehmen, 1949 gegründet und seit 1997 Teil der Dallmayr-Gruppe, zählt zu den großen Röstereien der Branche. Doch nur wenige Verbraucher werden mit der Marke selbst etwas anfangen können. Verkauft werden die Produkte nämlich ausschließlich direkt an die Gastronomie. In den Lebensmitteleinzelhandel wiederum gelangen sie unter der Marke „Dallmayr; so ist Bremen der Hauptstandort für Dallmayrs „Ganze Bohne“. Die Bremer Röster zählen damit zu den vielen Hidden Champions des deutschen Mittelstands und erwirtschaften in ihrer „Rösterei am Deich“ mit 120 Mitarbeitern (40 in der Verwaltung, 80 in der Produktion) regelmäßig einen Umsatz von 100 Millionen Euro.
Der Name AZUL leitet sich vom spanischen Wort „azul“ für „blau“ ab: Blau schimmern jene Kaffeebohnen, die besonders hochwertig sind. Der Standort „am Deich“ hat Tradition: Bereits seit 1958 befindet sich das Unternehmen im Firmengebäude südlich der Weser. Zunächst wurden die Kaffeebohnen ausschließlich aus Costa Rica importiert; mittlerweile stammen sie aus Süd- und Mittelamerika und aus Afrika. 1989 erfolgte die umgehende Expansion in die neuen Bundesländer; 2007 wurde die Akademie gegründet, an der Baristas ausgebildet werden. Denn eines unterscheidet Kaffeeröster von Herstellern anderer Lebensmittel: Der Geschmack ihrer Produkte hängt vom Können bei der Zubereitung ab. Und auf die Erfahrung der Angestellten in der Gastronomie hat AZUL nur begrenzten Einfluss.
Die Situation auf dem Kaffeemarkt hat sich in den letzten Jahren verändert: Zum einen drängen immer mehr kleinere Röstereien auf den Markt. Da diese Marktanteile aber oftmals über den Preis zu gewinnen versuchen, AZUL Kaffee sich aber über die Qualität definiert, sieht man diese Marktbegleiter nur mit geringer Sorge. Geändert hat sich aber auch das Qualitäts- und Umweltbewusstsein der Verbraucher. Sie fragen heute vermehrt nach der Herkunft des Kaffees, nach dem Agrarhintergrund und der Geschichte des Anbaus. AZUL reagiert darauf mit seinem „Spezialitäten-Kaffee“, der in einem universellen Punktesystem (ähnlich den Bodenpunkten in der Landwirtschaft) mindestens 80 Punkte erreichen muss.
Der Kauf des Kaffees erfolgt ausschließlich von Kooperativen, nicht vom einzelnen Bauern. Auch den Markt für Tee und Trinkschokolade bedient AZUL mittlerweile; Espresso bietet das Unternehmen seit 1997 an. Beim Verpacken unterstützen 10 Mitarbeiter der Bremer Werkstätten. 20 bis 30 % der Produktion sind bereits nachhaltig, erste Verpackungen zu 100 % recyclingfähig.
Kaffeeproduktion ist eine logistische Herausforderung. 2.500 Packstücke werden pro Tag bewegt. Das entspricht 250 Paletten. Im Güterverkehrszentrum (GVZ) verfügt das Unternehmen über 5.000 qm Hallenfläche mit der Möglichkeit, diese auf dem eigenen Grundstück im GVZ um das Fünffache zu erweitern. Das GVZ liegt Geschäftsführer Jörg Bieß denn auch besonders am Herzen: Er drängt darauf, dass endlich der Anschluss an die A 281 erfolgt, der sich bereits um mehrere Jahre verzögert. 2025 soll es wohl endlich so weit seit.
Jörg Bieß und Marketingleiter Gunnar Willipinski boten den Mitgliedern des Wirtschaftsrates im Anschluss an ihre Ausführungen einen beeindruckenden Einblick in die Produktion und die Verpackung ihrer Waren, der weit über die übliche Route für Besucher hinausging.