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Bericht
07.06.2021
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Aus den Ländern (Bremen) - Kurswende.Immobilien - Perspektiven für die Bau- und Immobilienwirtschaft

Spannende Diskussion über die Entwicklung des Bremer Immobilienmarktes mit Gabriele Nießen, Staatsrätin für Bau und Zentrales bei der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität
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Die Themen Wohnen, Mietpreise und Immobilienwirtschaft beschäftigen die Menschen in allen deutschen Städten, so auch in Bremen. Diesem Thema hat der Wirtschaftsrat Bremen im Rahmen der Landesfachkommission Immobilien, Bau und Stadtentwicklung ein Forum gewidmet, das auch zukünftig dem Austausch zu diesem Thema dienen soll. Der Wirtschaftsrat begrüßte Vertreter aus Politik und Baubranche zu seiner Veranstaltung Kurswende.Immobilien – Perspektiven für die Bau- und Immobilienwirtschaft in Bremen.

 
Gabriele Nießen, Staatsrätin für Bau und Zentrales bei der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität, berichtete über die Situation auf dem Bremer Immobilienmarkt und die Pläne des Senats. Der Bremer Immobilienmarkt sei im bundesweiten Vergleich angespannt, aber nicht zu vergleichen mit den Immobilienmärkten in Stuttgart oder München. Das große Pfund des Bremer Immobilienmarktes seien Transformationsgebiete, von denen Bremen viele besäße. Diese könnten langfristig nach ihren Möglichkeiten ausgelotet werden und in der Zusammenarbeit von Politik und Baubranche entwickelt werden. So soll sichergestellt werden, dass Wohnen in Bremen bezahlbar bleibt und dabei Klimavorgaben und soziale Verträglichkeit berücksichtigt werden.

 
Bauvorschriften sollen vereinheitlicht und gebündelt werden, um Baukosten zu reduzieren. Alternative Wohnkonzepte wie „Tiny houses“ seien genauso im Blick der Stadtentwickler wie der Ausbau der Dachgeschosse in der Bremer Innenstadt. Das Ziel sei immer, bezahlbares Wohnen zu ermöglichen. Dabei gelte es gleichzeitig, Probleme wie eine aussterbende Innenstadt zu bewältigen.

 
Jens Lütjen, Geschäftsführender Gesellschafter der ROBERT C. SPIES KG, sprach über die übergreifenden Trends in der Branche auch in Verbindung mit der Covid-19-Pandemie. Eine Folge des Globalisierungstrends sei, dass die Investitionsgelder der Kapitalanleger flexibler geworden sind. Der Bremer Immobilienmarkt stehe im nationalen und internationalen Wettbewerb um Kapital und müsse sich dort behaupten. Der demographische Wandel habe zur Folge, dass es einen stark wachsenden Bedarf an senioren- und gesundheitsbezogenen Wohnkonzepten gebe. Auch wenn die Covid-19-Pandemie zu Diskussionen über ein Ende des Urbanisierungstrends geführt habe, sieht Jens Lütjen dies langfristig für große und mittelgroße Städte nicht gegeben. Der Drang zur Nachhaltigkeit und die Nachfrage nach sinnstiftenden Investitionsmöglichkeiten sei dagegen stark gestiegen, bringe durch die neuen Auflagen für klimafreundliches Bauen aber auch Kosten mit sich.

 
Die Digitalisierung sei als Trend auch in der Baubranche angekommen, koste aber auch mehr Geld in der Bauphase. Doch nicht jedes Haus müsse ein smartes Haus sein. Hier müsse man Kosten und Nutzen abwägen. Der letzte Mega-Trend sei die Regulierung. In einem angespannten Wohnungsmarkt sei dies durchaus normal, da der  Druck auf die Politik darin bestehe, an der Situation etwas zu ändern. Hier sollte darauf geachtet werden, die Kosten durch Regulierung im Blick zu behalten. In Diskussionen über Konzepte, wie einen Mietendeckel, sei es ratsam, die Sachlage nüchtern zu betrachten und fachlich zu diskutieren, wie es bisher in Bremen auch passiere.

 
In Bremen gäbe es viele interessante Quartiere in der Entwicklung, die reizvolle Konzepte für die Stadtentwicklung darstellten. Allgemein entwickele sich der Bremer Wohnungsmarkt in eine gute Richtung mit vielen neuen Projekten und Konzepten für Leben, Wohnen und Arbeiten. Die veränderten Anforderungen der Menschen an das Wohnen, Arbeiten und die Freizeitgestaltung würden in diesen Projekten mit berücksichtigt. Am Ende sei es aber eine Finazierungsfrage, wie viele der theoretischen Konzepte für modernes Wohnen in der Quartiersentwicklung umzusetzen sei.


Im Bereich Handel gelte es, Lösungen für das Aussterben der Bremer Innenstadt zu finden. Ein Vorschlag sei die vermehrte Verlagerung von Hochschul- und anderen Bildungseinrichtungen in das Stadtzentrum, um die Innenstadt zu beleben und den Technologiepark zu entlasten. Der Logistikbereich, der durch das zunehmende Online-Geschäft mehr Flächen benötige, stehe im Konflikt mit dem angespannten Wohnungsmarkt, hier gelte, es Kompromisse zu finden. Der Büroflächenmarkt Bremens sei von der Pandemie hingegen nicht wirklich beeinflusst. Die Nachfrage sei sehr stabil, allerdings gelte es auch hier, neue Konzepte zu entwickeln, um den veränderten Anforderungen von Politik und Kunden gerecht zu werden. Die niedrigen Zinsen seien zugleich Fluch und Segen für die Baubranche, zum einen erhöhten sie den Druck auf den Immobilienmarkt, zum andern böten sie der Politik die Möglichkeit, nun günstig große Investitionen zu tätigen.

 
Joachim Linnemann, Geschäftsführer der Justus Grosse GmbH, berichtete von der geschichtlichen Entwicklung der Stadt als Art des Zusammenlebens und wie sich die Stadtstrukturen über die Jahrhunderte verändert haben. Die Städte hätten sich immer den Anforderungen der Menschen angepasst, und dies müsse auch heute passieren.


Bei der Entwicklung neuer Quartiere gelte es, Wirtschaftlichkeit, Bürger-  und Stadtinteressen zu vereinen. Die Grundlagen moderner Quartiersentwicklung seien neben der Lage, dem Klimaschutz und guter Mobilitätskonzepte, die Durchmischung von Wohn-, Arbeits- und Freizeiträumen sowie von Kauf-, Miet- und Sozialflächen. Die Forderung der Bürger an neue Quartiere sei es,  Wohnen, Arbeiten, Kultur und Freizeit miteinander zu verbinden. Daher seien auch Grünflächen, Kultur- und Gastronomieangebote gewünscht. In welchem Umfang diese Ideen umgesetzt werden, hänge nicht zuletzt von den Kosten ab, denn die Bezahlbarkeit und Wirtschaftlichkeit des Wohnraumes sei bei allen guten Konzepten zu berücksichtigen. Ziel sei es, lebendige Quartiere zu schaffen, in denen die Bewohner in kurzer Distanz alles finden, was sie für ein gutes Leben brauchen.

   
Jörn P. Makko, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Niedersachsen-Bremen e.V., berichtete von gestiegenen Baukosten und den Herausforderungen der Baubranche. Die Kostenentwicklung für den Rohbau von Häusern, sei bis Ende 2020 etwa auf Inflationsniveau gestiegen. Die  Kostensteigerung ergäbe sich aus den gestiegenen Anforderungen an Neubauten vonseiten der Politik und dem gestiegenen Anspruch der Kunden. Die gestiegenen Kosten würden sich dann aber auch in einer besseren Leistung für den Kunden widerspiegeln.

 
Durch die Covid-19-Pandemie hätte sich dies Anfang 2021 geändert. Die Globalisierung und die starke Verzahnung der internationalen Produktionsketten habe dazu geführt, dass alltägliche Baustoffe auf einmal knapp seien. Die Preise für Bauholz seien, je nach Holzart, seit Anfang 2021 um den Faktor zwei bis fünf gestiegen. Als ein anschauliches Beispiel sei hier die Produktion von Kanalgrundrohren zu nennen. Sie sei von Abfallstoffen aus der Kerosinproduktion abhängig. Da sie im Zuge der Covid-19-Pandemie stark reduziert wurde, fehle hier der Grundstoff für die Produktion dieser KG-Rohre.  Deshalb käme es bei der Bestellung von KG-Rohren aktuell zu Wartezeiten von einigen Wochen bis Monaten. Preise für Baumaterialien würden erst am Liefertag festgemacht, welche sichere Planung und Kalkulation von Bauvorhaben erschwere. Es sei nun wichtig zu kommunizieren und die Lage auf dem Baustoffmarkt verständlich zu machen. Außerdem sei es notwendig, dass die öffentliche Hand  ihre Bauvorhaben nicht stoppe, da bezahlbares Wohnen nur durch weiteren Bau von Wohnraum zu erreichen sei.