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Bericht
02.05.2022
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Aus den Ländern (Bremen) - "Lippenbekenntniss beim Thema Inklusion reichen nicht aus"

Business Lunch in Bremerhaven mit Robert Bau, Geschäftsführer der Elbe-Weser-Welten gGmbH (EWW)
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Inklusion besitzt spätestens seit der Forderung in der UN-Behindertenrechtskonvention 2008, die Inklusion zum Menschenrecht für Menschen mit Behinderungen erklärt hat, eine enorme Relevanz in Deutschland.

Inklusion beschreibt dabei einen Prozess, der eine gesamtgesellschaftliche Beteiligung von Menschen mit einer Behinderung in allen Lebensbereichen fordert. Das Ideal der Inklusion ist, dass Menschen mit Behinderungen sich nicht erst integrieren und an die Umwelt anpassen müssen.

Vielmehr soll in einer inklusiven Gesellschaft das Bewusstsein geschaffen werden, allen Menschen, egal ob mit oder ohne Beeinträchtigung, eine uneingeschränkte Teilhabe an allen Aktivitäten des Lebens und somit zugleich ein Recht auf Selbstbestimmung und Partizipation zu ermöglichen.

Die Eingliederung von Menschen mit einer Behinderung in die Arbeitswelt hat sich dabei zu einem beherrschenden Thema in der Politik und für die betroffenen Personen selbst entwickelt. Menschen mit einer körperlichen, psychischen oder geistigen Beeinträchtigung verlangen eine gleichberechtigte Teilnahme am Erwerbsleben.
Wie kann daher eine erfolgreiche Inklusion in die Arbeitswelt gelingen und inwiefern wird dies von der Politik unterstützt und gefördert?

Zur Beantwortung dieser Fragen veranstaltete die Sektion Bremerhaven einen Business Lunch mit Robert Bau, Geschäftsführer der Elbe-Weser-Welten gGmbh (EWW).

Die Elbe-Weser-Welten gGmbh wurde 1974 als gemeinnützige GmbH unter dem Namen Elbe-Weser-Werkstätten gegründet und hat sich der gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen in der Gesellschaft zum Ziel gesetzt. Durch einen Berufsbildungs- und einen Arbeitsbereich würden Beschäftigungen für Menschen mit Behinderung geschaffen, die einen Einstieg in das Berufsleben oder den Übergang zum allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglichen sollen, so Bau.

Neben dem Arbeitsbereich verfüge die Elbe-Weser-Welten gGmbh auch über ein umfassendes Wohnungsangebot. Der Wohnbereich biete erwachsenen Menschen mit geistigen, körperlichen und psychischen oder mehrfachen Behinderungen ein flexibles und durchlässiges Wohn- und Unterstützungsangebot.

Vor Beginn der Tätigkeiten in einer der Werkstätten würden psychologische Tests durchgeführt, um die persönlichen Interessen und Fähigkeiten zu ermitteln sowie die individuellen Kompetenzen abzuleiten. Anschließend stünden verschiedene Tätigkeitsfelder in den Werkstätten zur Verfügung, um einen Einblick in möglichst viele Berufsfelder bieten zu können.


Mittlerweile gebe es über 20 Standorte in Bremerhaven und im Landkreis Cuxhaven in den unterschiedlichsten Bereichen: Druckerei, Garten- und Landschaftsbau, Wäscherei, Holz- und Metallwerkstatt u.v.m. Zusätzlich sollen neue Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen werden, indem man bestehende Aufgaben aufteile und vereinfache.

Bau merkte jedoch an, dass es sich um arbeitnehmerähnliche Beschäftigungsverhältnisse handelt. Dies bedeute, dass die Beschäftigten nicht als Leiharbeiter bei Unternehmen angestellt seien und darüber hinaus keine Arbeitsleistung schulden würden, was als Schutzmechanismus zu verstehen sei.

Bei der Entlohnung verwies Robert Bau auf das Solidaritätsprinzip, sodass jeder unabhängig von seiner Arbeitsleistung einen Lohn erhält. Nichtsdestotrotz seien die Löhne sehr niedrig und würden im Konflikt zum Mindestlohn stehen. Des Weiteren sah sich die Elbe-Weser-Welten gGmbh im Jahr 2019 gezwungen, die Löhne aufgrund von Kosteneinsparungen zu senken. Trotzdem betonte Bau, dass die Löhne damit immer noch weit über dem Bundesdurchschnitt vergleichbarer Einrichtungen lägen.

Auf die Frage, ob er sich von der Politik wertgeschätzt fühle, antwortete Robert Bau, dass ihm zwar Unterstützung von Seiten der Politik zugesichert werde. Letztendlich würde es sich dabei aber häufig um „Lippenbekenntnisse“ handeln. Beispielsweise setze die Stadt bei Aufträgen eher auf öffentliche Ausschreibungen, anstatt gezielt Betriebe der Elbe-Weser-Welten zu berücksichtigen.

Darüber hinaus sei das Budget für die Vergütung von Schulassistentinnen und Schulassistenten für Schülerinnen und Schüler mit einer Behinderung verringert worden. Dadurch seien die Elbe-Weser-Welten gezwungen, die Zahl ihrer eingesetzten Schulassistentinnen und Schulassistenten zu verringern, wodurch eine weitere Betreuung der Kinder nicht möglich sei. Als mögliche Lösung schlägt Bau die Festlegung von Qualifikationen für Schulassistentinnen und Schulassistenten vor, um eine genaue Entgelt-Gruppe festlegen zu können.