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Bericht
25.11.2021
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Qualifizierte Fachkräfte für die Arbeit von Morgen - Aus- und Weiterbildung als Standortfaktor für Bremen

Podiumsdiskussion im Berufsinformationszentrum Bremen (BIZ)
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„Das Thema der Fachkräftequalifizierung ist aktueller denn je“, begann der Landesvorsitzende  Jörg Müller-Arnecke seine Begrüßungsansprache. Eine Studie der Handelskammer Bremen zeige, dass 53 Prozent der ausgeschriebenen Stellen derzeit nicht besetzt werden könnten. Das größte Risiko für Unternehmen sei derzeit der Fachkräftemangel. Auf der anderen Seite erreiche das Land Bremen eine Arbeitslosenquote von über 10 Prozent.

Zu diesem Thema konnte der Wirtschaftsrat Bremen bei einer fundierten Podiumsdiskussion unter Leitung von Hermann Olbermann vom Weser Report folgende Teilnehmer begrüßen Kristina Vogt (Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa), Joachim Ossmann (Vorsitzender der Geschäftsführung Agentur für Arbeit), Ulrike Riedel (Arbeitsdirektorin der BLG), Elke Heyduck (Geschäftsführerin Arbeitnehmerkammer) und Dr. Christian Gorldt (Geschäftsführer IQ Bremen).

Joachim Ossmann nannte in seinem Eingangsstatement zwei Gründe für die Relevanz der kontinuierlichen Qualifizierung. Dies sei zum einen die Struktur der Arbeitslosen im Land Bremen: 2/3 der Arbeitslosen hätten keine Berufsausbildung. Dies erschwere die Chance auf eine Integration in die Berufswelt. Auf der anderen Seite bestehe Ersatzbedarf für die Generation, die in den Ruhestand geht.

Mit dem Satz „Qualifizierung ja, aber…“ ging Ossmann auf fünf Herausforderungen bei der Initiierung von Qualifizierung ein:
1.    „Qualifizierung ja, aber chancenorientiert.“ Die Qualifizierungsmaßnahmen sollten in der Wirtschaft nutzbar sein. Dafür müsse zunächst der Bedarf erkannt werden. Problematisch sei jedoch, dass die Richtung der Veränderung, in die sich die Wirtschaft entwickelt, unsicher sei. Das erschwere es den Unternehmen, einen klaren Bedarf auszusprechen.
2.    „Qualifizierung ja, aber auch für Beschäftigte.“ 15 Prozent aller Beschäftigten hätten keine Berufsausbildung. Diese Personengruppe stehe während eines Strukturwandels in der Arbeitswelt dem größten Risiko gegenüberstehen.
3.    „Qualifizierung ja, aber teilnehmergerecht.“ Die Anforderungen der Maßnahmen sollten am Können der Teilnehmenden orientiert sein. Die Lernerfahrung sei bei Menschen, die länger im Beruf sind, bereits begrenzt. Somit steige die Angst vor dem Scheitern.  Ein Vorschlag wäre eine Teilqualifizierung und die Schaffung finanzieller Anreize für die Fachkräfte.
4.    „Qualifizierung ja, aber zukunftsgerecht.“ Die Umstrukturierung der Wirtschaft erfolge schnell. Beispielsweise werfe die Digitalisierung viele Berufsbilder durcheinander. Deshalb sollten Schnupperkurse in IT-Berufen angeboten werden, auch mit speziellem Fokus auf Frauen. Beachtet werden solle auch die klimaschutzgerechte, „grüne“ Qualifizierung. Die Bildungszielplanung müsse daher angepasst werden.
5.    „Qualifizierung ja, aber mit leistungsfähigen Bildungsträgern.“ Beachtet werden sollten dabei drei Akteursgruppen: Unternehmen, Qualifizierungseinrichtungen und die Arbeitsagentur. Unternehmen würden die Aufgabe der Bedarfserkennung übernehmen, wobei die Arbeitsagentur das Arbeitskräftepotenzial und den Markt im Auge behalte.

Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt wies auf ein falsches Problembewusstsein in dieser Thematik hin. Sie meinte, Qualifizierung und Transformation müssten zusammen betrachtet werden. Man solle sich mehr damit befassen, was die Transformation für die Arbeitswelt bedeutet. Es würde oft darüber gesprochen werden, dass durch Digitalisierung und KI viele Arbeitsplätze abgebaut würden. Der Fokus liege aber zu wenig auf der Tatsache, dass es dadurch zu anderen Anforderungen in den Berufsbildern kommt. Hier müsse die Qualifizierung ansetzen.

Die Transformation beziehe sich auf globale und sektorale Ebenen. Deswegen müssten Unternehmen mithalten und sich automatisieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Das bedeute aber auch, dass eine Qualifizierung der Fachkräfte unausweichlich sei.

Außerdem betonte Vogt, dass es wichtig sei, einen Schritt zurückzugehen und zu schauen, wie der Fachkräftemangel im Vorfeld verhindert werden könne. Im Fokus lägen hierbei die Ausbildung junger Menschen und ihre Begleitung in das Berufsleben.  

Hermann Olbermann eröffnete die Podiumsdiskussion mit der Frage, wieso viele Stellen unbesetzt bleiben und ob es an der Qualifikation der Bewerber mangle. Darauf antwortete Ulrike Riedel, Berufsorientierung sei für Schüler immer eine Herausforderung gewesen. Während der Pandemie hätte die Orientierung erheblich gelitten. Die Schülerinnen und Schüler seien jetzt noch antriebsloser, das sei in der gesamten Bundesrepublik zu beobachten. Joachim Ossmann ergänzte, die Berufsorientierung sei ein Prozess und ziehe sich im Idealfall über Jahre hin. Als Beispiel nannte er den Berufsparcours, der bereits an der Waller Ring Schule veranstaltet wurde, in dem Unternehmen sich präsentieren könnten und die Schülerinnen und Schüler praktische Einblicke in die Arbeitswelt bekämen.

Alle Podiumsteilnehmer waren sich darin einig, dass Ausbildungsberufe in der Gesellschaft als geringwertiger wahrgenommen würden. „Die Attraktivität der beruflichen Erstausbildung sollte nicht unterschätzt werden“, sagt Dr. Christian Gorldt. Ein Akademiker im Alter von 34 Jahren beispielsweise hätte in seinem Leben weniger verdient als jemand, der eine duale Ausbildung abgeschlossen habe. Deswegen solle Orientierung zu beruflichen Ausbildungen an allen Schulen geschaffen werden.

Kinder und Jugendliche seien in der Berufsentscheidung vielen Einflussfaktoren ausgesetzt. Vor allem die Peergroup und Eltern hätten einen großen Einfluss. Deswegen sei auch das Einbeziehen der Eltern wichtig für die Aufklärungsarbeit. Vorurteile gegenüber manchen Berufen könnten somit beseitigt werden.

Elke Heyduck forderte eine weitere Säule: Nicht nur Eltern und Lehrer sollen in den Prozess integriert werden, sondern auch Unternehmen. Und auch lernschwächere Schüler sollten die Chance bekommen, einen Ausbildungsplatz zu erhalten.

Nicht ganz einer Meinung waren die Diskutanten bezüglich der Frage, ob sich Fachkräfte von sich aus qualifizieren oder nicht. Es gebe jedoch Situationen, in denen sich Angestellte qualifizieren möchten, der Arbeitgeber jedoch keine Verwendung für die zusätzliche Qualifizierung hat und diese folglich nicht unterstütze. In diesem Fall müsse die Fachkraft ihre Weiterbildung/Umschulung selbst bezahlen. Eine Förderung könne es momentan aber nur geben, wenn eine Arbeitslosigkeit vorgewiesen werde. Betriebliches Interesse an einer Qualifizierung gelte also als Voraussetzung. Deswegen meinte Ulrike Riedel, man müsse Qualifizierung außerhalb des Unternehmens als eine Option betrachten.