„Veggie boomt!“
Das Bewusstsein für Tierwohl und Umweltschutz wurde in den letzten Jahren immer größer. Das spiegelt sich auch auf dem Lebensmittelmarkt wider. Hier geht der Trend immer mehr hin zu Fleischersatzprodukten.
Im Rahmen einer Veranstaltung des Wirtschaftsrates Bremen im Weserstadion wurde über diese Fragen diskutiert und überlegt: Kommt unser Fleisch bald aus dem Labor? Dr. Ingo Stryck, Marketingleiter der PHW-Gruppe (Wiesenhof) und ausgebildeter Diplom-Ökotrophologe, referierte zu alternativen Proteinen und diskutierte mit den Mitgliedern zu dem Thema.
Nach der Begrüßung durch den Landesvorsitzenden Jörg Müller-Arnecke gab Dr. Stryck ein paar kurze Informationen zur PHW-Gruppe. Der Geflügelproduktehersteller, der bereits in dritter Generation existiert, investiert seit 2018 in Firmen mit Fokus auf alternativen Proteinen. Außerdem ist das Unternehmen in der Human- und Tiergesundheit aktiv. Wiesenhof investiert in Start-ups auf der ganzen Welt, die sich auf die Entwicklung von Fleischersatzprodukten spezialisiert haben, beispielsweise in Israel. So zählt das Unternehmen unter anderem SuperMeat, Gathered Foods und LIVEKINDLY zu seinen Partnern.
Dr. Stryck erklärte, dass der Trend auf dem Lebensmittelmarkt hin zu fleischlosen Produkten gehe. Viele Menschen wünschten sich weniger Tierleid und mehr Umweltschutz: „Wenn die Deutschen die Hälfte der heutigen Fleischmenge pro Jahr essen würden, wäre das auf jeden Fall nicht schlechter als die jetzige Situation.“ Besonders der Konsum von Produkten aus Schweinefleisch gehe rapide zurück. Insgesamt liege der Rückgang laut einer Studie aus diesem Jahr bei -8,51%. Darüber hinaus seien Milchersatzprodukte momentan sehr gefragt. Man dürfe aber nicht vergessen, dass es diese Entwicklung global in dieser Form nicht gebe. Weltweit werde der Bedarf besonders an Geflügelprodukten wachsen, prognostizierte er.
In Deutschland dagegen verzeichne die vegane Industrie zweistellige Wachstumswerte. „Veggie boomt“, stellte Dr. Stryck fest. Das könne man unter anderem mit der Fridays for Future-Bewegung erklären, die einen entscheidenden Beitrag zu mehr Sensibilisierung für dieses Thema geleistet habe. Allerdings gebe es seit Beginn des Ukraine-Krieges einen Einbruch. Das hänge höchstwahrscheinlich mit der wachsenden finanziellen Unsicherheit der Menschen zusammen. Eine besonders große Rolle hierbei spielten die Energiepreise und die Inflation.
In einer kurzen Pause servierte Dr. Stryck einen kleinem Imbiss und ließ die Teilnehmer testen, welche der beiden gereichten Nugget-Varianten „mit totem Tier“ seien und welche fleischlos. Nicht alle Gäste tippten auf das richtige Produkt.
Im Anschluss führte Dr. Stryck die Ziele der Industrie für die Zukunft aus, die in Richtung „Cultivated Meat“ gingen, also Fleisch aus dem Labor. Deren Entwicklung sei aktuell noch relativ teuer. Europaweit fände derzeit aber ein Ausbau von Produktionskapazitäten statt, was der Entwicklung helfen würde. Weitere Herausforderungen seien darüber hinaus der hohe Druck in Richtung Clean Label und ein langer Zulassungsprozess in der EU: „Die Regularien der EU sind sehr streng, was die Zulassung von Alternativprodukten angeht. Daher kann man nicht damit rechnen, dass Fleisch innerhalb der nächsten Jahre flächendeckend aus dem Labor kommt“. Außerdem müssten hierfür Technologien optimiert werden und die Finanzierung sichergestellt sein. „Ich rechne damit, dass der Markt für Cultivated Meat auf Stammzellbasis erst ab den 2030ern wachsen wird“, resümierte Dr. Stryck.