Cookie-Einstellungen

Bericht
02.04.2025
Drucken

Dr. Wolfgang Peiner, Finanzsenator a. D., beim politischen Lunch des Wirtschaftsrats

„Der Koalitionsvertrag darf keine Wunschliste der Parteien sein“, so Unternehmer und Finanzsenator a. D. Dr. Wolfgang Peiner beim politischen Lunch in Hamburg.
©Wirtschaftsrat

Das Jahr 2025 ist nach den Wahlen in Bund und Land schon jetzt politisch wegweisend. Die voraussichtliche nächste Regierungskoalition aus Union und SPD hat sich mit den Grünen auf ein Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur geeinigt, welches neue Schulden in einem in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie da gewesenen Volumen ermöglicht. Vor diesem Hintergrund durfte der Wirtschaftsrat bei einem politischen Lunch den ehemaligen Hamburger Finanzsenator Dr. Wolfgang Peiner begrüßen. 

Nach einem Überblick über die politische Ausgangslage vor den Wahlen ging Dr. Wolfgang Peiner näher auf den Verlauf des Wahlkampfes der CDU ein. Diese sei mit klaren Positionen in den Wahlkampf gestartet, hätte sich im weiteren Verlauf aber zunehmend weniger an diesen orientiert: „Ich hatte den Eindruck, dass sich die Dinge im Laufe des Wahlkampfs, insbesondere zum Ende des Wahlkampfs, sehr verwässert haben“, konstatierte er. Dies könne als einer der ersten Fehler des Wahlkampfs betrachtet werden. „Wir merken in Europa, aber auch in den USA, dass die woken Themen doch nicht mehr die entscheidende Rolle spielen“, so Peiner. Die Bevölkerung sei dieser Themen überdrüssig, doch die CDU habe nicht den Mut gehabt, dies aufzugreifen und dadurch auch der AfD Wählerstimmen überlassen.

Das unerwartet schlechte Wahlergebnis der Union ließe sich auch damit teilweise begründen und führe dazu, dass die CDU aufgrund der wenigen Koalitionsmöglichkeiten politisch gefangen sei, da sich einige mögliche Koalitionen schon aus Vernunftgründen grundsätzlich ausschließen würden.

„Das Volk hat klar für einen Regierungswechsel gestimmt, ich habe aber nicht den Eindruck, dass es ein klares Implizit für einen Politikwechsel war“, so Dr. Peiner weiter. „Ich glaube, für viele ist es eher der Wunsch, ein bisschen Weiterso kann ja eigentlich nicht schaden.“ Die Politik stehe vor einem historischen Wendepunkt, welcher Veränderungen erfordere. Die CDU müsse für den Erhalt ihrer Glaubwürdigkeit Kernforderungen umsetzen und einen Politikwechsel anstreben: „Ohne einen Politikwechsel wird es keine großen Veränderungen geben.“ Die Koalition sei zum Erfolg verdammt, da nur der Erfolg für ein erfolgreiches Regieren zähle. An Friedrich Merz richtete er den Appell, die Notwendigkeit eines Wandels zu verdeutlichen. Die Konflikte in der Sicherheits-, Migrations- und Sozialpolitik gelte es, als Grundlage für den Erfolg der Koalition zu bewältigen, wobei sich die in einem möglichen Koalitionsvertrag festgehaltenen möglichen Lösungsansätze dafür an den wirklichen Problemen und nicht an festen parteipolitischen Positionen orientieren sollten: „Der Koalitionsvertrag darf keine Wunschliste der Parteien sein, es ist die Bildung von Prioritäten zwingend erforderlich.“ Für die CDU sei es von enormer Bedeutung, in den Verhandlungen auch Grenzen aufzuzeigen, da eine unabdingbar wichtige Reform der Sozialpolitik mit der Position der SPD nicht umzusetzen sei. 

„In dieser Situation wäre ein Top-down-Ansatz erforderlich“, erklärte der ehemalige Senator, bei dem die Politik mit wenigen klaren Maßnahmen Veränderungen verdeutlichen könne. Ein Scheitern der neuen Regierung helfe lediglich den Rändern, stärker zu werden, was in jeglicher Hinsicht zu verhindern sei. Der Umgang mit der Thematik der Schuldenbremse sei ein Fehlstart und koste die Parteien einen Teil des Vertrauens der Bürger. Diesen Fehlstart gelte es nun zu beheben, um mit Erfolgen in der Politik das Vertrauen der Bürger in die politischen Institutionen unserer Bundesrepublik stärken zu können.