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Bericht
11.11.2018
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Die Chancen der deutschen Schifffahrt nach der Krise

Die Schifffahrtskrise sorgte im vergangenen Jahrzehnt für das Ende zahlreicher Werften und Reedereien rund um den Globus und löste tiefgreifende Veränderungen im maritimen Sektor aus. Seit einiger Zeit verdichten sich nun aber die Anzeichen für ein Ende der Krise. Auch die deutsche Schifffahrt musste durch schwere See und steht nun vor der Herausforderung, sich nach der Krise zukunftsorientiert aufzustellen. Vor diesem Hintergrund hatte der Wirtschaftsrat zu einer Podiumsdiskussion auf das Museumsschiff CAP SAN DIEGO geladen.
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Unter der fachkundigen Moderation von Claus Brandt, Partner bei der PricewaterhouseCoopers GmbH, diskutierten Mark Kuchenbecker, Geschäftsführer der BRAEMAR NAVES-Gruppe, Dr. Hermann J. Klein, Managing Director der Carnival Maritime GmbH, Norbert Brackmann MdB, Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft und Rüdiger Kruse MdB, Beauftragter für maritime Wirtschaft der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, über die Zukunft der maritimen Landschaft in Deutschland.

 

Finanzfachmann Mark Kuchenbecker berichtete von gravierenden Veränderungen auf dem Gebiet der Schiffsfinanzierung. Vor 2008 sei die Finanzierungslandschaft mit der Kapitalbereitstellung durch Banken einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren der deutschen Schifffahrt gewesen. „Wir haben eine Situation gehabt“, so Kuchenbecker, „in der von den Top 20 schiffsfinanzierenden Banken der Welt fünf aus Deutschland kamen, mit einem Gesamtportfoliovolumen von 100 Milliarden Euro.“ In Folge der Finanzkrise hätten sich dann nahezu alle deutschen Banken dazu entschlossen, ihre Portfolios an Finanzinvestoren zu verkaufen. Kapital zur Schiffsfinanzierung werde so über Kreditfonds zwar weiterhin bereitgestellt, allerdings müsse sich die deutsche Schifffahrt heute und in Zukunft mit veränderten Rahmenbedingungen und neuen Ansprechpartnern arrangieren.

 

Dr. Hermann J. Klein richtete den Fokus in seinen Ausführungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland und die Vor- und Nachteile, die es deswegen für die deutsche Schifffahrt gebe. Von Nachteil im internationalen Wettbewerb seien die nationalen Kosten, die der Schifffahrt in Deutschland entstünden, etwa durch hohe Personalkosten oder die Schiffsversicherungssteuer. Demgegenüber gebe es am Standort Deutschland aber ein gut etabliertes maritimes Cluster mit hoher Kompetenz für Schifffahrtsunternehmen. Daraus resultiere wiederum die Chance, hier neue Konzepte zu entwickeln. „Ich bin der Meinung, wir müssen ganz neu denken, wie Schifffahrt Sinn macht und das hat viel mit Innovation zu tun, mit neuen Umweltgrenzwerten und damit, wie das intelligenteste, wettbewerbsfähigste Modell aussieht“, so Klein.

Norbert Brackmann erläuterte die politischen Maßnahmen der Bundesregierung zur Förderung der maritimen Wirtschaft in Deutschland. Zum einen sei das chinesische Projekt der „Neuen Seidenstraße“, das zum Teil eine Alternative zum bisherigen Seetransport darstelle, Antrieb gewesen, um die Ostseeanbindung und die Wasserverbindung Hamburgs in Richtung Deutschland und Europa zu verbessern.

 

Zum anderen setze sich die Bundesregierung dafür ein, in Hamburg eine vernünftige Infrastruktur für LNG zu schaffen. „Wir brauchen diese Infrastruktur in Deutschland“, erklärte Brackmann, „denn das ist die Entscheidung, ob wir den Schadstoffausstoß in den nächsten Jahren insgesamt deutlich senken können und ob wir dort international wettbewerbsfähig werden, denn die Umweltvorschriften werden sich auch international deutlich verbessern.“

Darüber hinaus sei natürlich auch die Digitalisierung und im Zuge derer die weitere Optimierung der Logistikketten ein Thema. Aus diesem Grund habe man im Hamburger Hafen das europaweit erste Testfeld für den neuen Mobilfunkstandard 5G eingerichtet.

 

Abschließend kam Rüdiger Kruse auf die Änderung von Rahmenbedingungen für die Schifffahrt in Deutschland zu sprechen. Man habe die Schiffsbesatzungsverordnung angepasst, die 183-Tage-Regelung für Seeleute und die Versicherungssteuer abgeschafft und so dafür gesorgt, dass diese Rahmenbedingungen auf dem gleichen Niveau wie im europäischen Umfeld lägen. Andere Rahmenbedingungen ließen sich nur schwer harmonisieren und seien schon in Europa sehr uneinheitlich. Generell sei dieses Feld völlig verzerrt, da viele Staaten massiv in den Wettbewerb eingriffen, um Betriebe auf Staatskosten zu erhalten. In Deutschland verzichte man auf diese Praxis und habe beispielsweise im Zuge des Werftensterbens nicht staatlich interveniert – im Ergebnis gebe es heute keine Werften, die besser dastünden als die deutschen. „Wir haben hier also schon das richtige Modell und wir sollten immer nur da etwas tun, wo wir dem Investitionsklima helfen können“, so Kruse.

 

Fotos: Wirtschaftsra/Christian Ströder