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Bericht
09.12.2020
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Die Wissenschaft als Wirtschaftsfaktor für Hamburg

Online-Talk

Austausch mit Dr. Anke Frieling MdHB und CHE-Consult Geschäftsführer Bernd Klöver
©None

Dass Hamburg sich auf dem Weg dorthin sehr schwer tut, mahnte die Landesfachkommission „Wachstum & Innovation“ in einem 2019 vorgestellten Positionspapier an. 

Zu einer ganz ähnlichen Einschätzung kommt eine von der Akademie der Wissenschaften in Auftrag gegebene und Anfang 2020 präsentierte Studie. Mehr über die Ergebnisse erfuhr der Wirtschaftsrat Hamburg im Rahmen eines Online-Talks von Bernd Klöver. Der ehemalige Kanzler der HAW ist Geschäftsführer beim Beratungsunternehmen CHE-Consult, das gemeinsam mit dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung für die Untersuchung zuständig war.

 

Der Tenor der Studie lautet: Im Vergleich der 50 wichtigsten europäischen Metropolregionen fällt Hamburgs Produktivität und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt stetig zurück. Die Elbmetropole versäumt es, das große Potenzial der Wissenschaft als Wirtschaftsfaktor für sich zu nutzen. Eine Ursache liegt laut Bernd Klöver in der geringen Forschungs- und Innovationsintensität Hamburgs. Dies zeige sich u.a. in der geringen Patendichte und in der Tatsache, dass technologische Anknüpfungspunkte zwischen den Forschungseinrichtungen und hiesigen Unternehmen fehlten.

 

Für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit sei die Wissenschaft wegen der starken Deindustrialisierung besonders wichtig, betonte der Experte. Investitionen in Hochschulen würden nachweislich zu einer Steigerung der Produktivität im produzierenden Sektor führen. Jedoch schöpfe die Hansestadt ihre Möglichkeiten nicht aus und falle bei vielen Indikatoren der wissenschaftlichen Basis zurück. Je Einwohner gebe es in Hamburg im Vergleich zu den Metropolregionen Rhein-Main, München und Berlin zu wenige Studierende, zu wenige Professuren und auch zu wenige Beschäftigte in Forschungsinstituten.

 

Des Weiteren deckt die Studie auf, dass Hamburgs Hochschulen in puncto Gründungsförderung weit von den Spitzenplätzen entfernt sind. Zudem zeigt sich, dass die Wissenschaft in Hamburg unzureichend vernetzt ist und es nicht im erforderlichen Maße gelingt, Drittmittel aus der Wirtschaft zu akquirieren.

 

Abschließend formulierte Bernd Klöver einige konkrete Handlungsempfehlungen. Von der politischen Führung erwartet er eine deutliche Steigerung des Finanzvolumens für den Wissenschaftsbereich generell und eine verbindliche Festschreibung der Finanzierung. Notwendig seien auch der Abbau jeder entbehrlichen Bürokratie in der Forschungsförderung sowie gezielte Investitionen in die technischen Wissenschaftsbereiche von TUHH und HAW. Die Hochschulen selbst sollten u.a. ihre Autonomie für Prioritätensetzungen nutzen und überregionale Kooperationen eingehen. Schließlich brauche es eine wesentlich breitere Verknüpfung von Forschungseinrichtungen mit Hamburger Unternehmen und eine Anbindung an die Clusterstrategie der Stadt.

 

Auch die Bürgerschaftsabgeordnete Dr. Anke Frieling teilt als Fachsprecherin für Stadtentwicklung und Wissenschaft ihrer Fraktion die Sorgen um den Wissenschaftsstandort Hamburg. Zwar seien „erste Erfolge“ wie die Exzellenz-Cluster zu verzeichnen. Doch laufe Hamburg dem selbst gesteckten Ziel, Wissenschafts- und Technologiestandort zu werden, deutlich hinterher. Viele kleinere Maßnahmen würden eher unkoordiniert erfolgen, es werde zu wenig kommuniziert, kritisierte die Abgeordnete.

 

In der Rede des Ersten Bürgermeisters Peter Tschentscher zur „Zukunftsstadt Hamburg – Exzellente Wissenschaft im Norden“, die er am 21. Oktober 2020 in der Patriotischen Gesellschaft hielt, vermisste die Politikerin klare Worte zur strategischen Ausrichtung des Wissenschaftsstandorts. Es fehle eine „Prioritätensetzung im Sinne der ursprünglich getroffenen Aussage: Wir wollen nicht nur den Wissenschaftsstandort als solchen stärken, […] sondern wir wollen auch die technologische Seite stärken“, betonte sie.

 

Um die Wissenschaft als bedeutenden Faktor für den Wirtschaftsstandort Hamburg zu etablieren, ist für Anke Frieling an einigen Stellschrauben anzusetzen. Sie sprach sich aus für

  • die Stärkung der MINT-Fächer und Ingenieurwissenschaften,
  • ein breiteres Angebot an Entrepreneurship-Studiengängen, 
  • eine deutliche Ausweitung der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschulen,
  • mehr Kooperationen in der Metropolregion sowie
  • den strategischen Ausbau von Infrastruktur und Finanzierung für Startups.