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Bericht
10.02.2020
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Hamburg vor der Bürgerschaftswahl: Programme & Perspektiven der Parteien

Die Wahlen zur Hamburger Bürgerschaft am 23. Februar 2020 entscheiden darüber, wie sich die Hansestadt für das neue Jahrzehnt aufstellen wird. Welche Rolle als Industriestandort soll Hamburg zukünftig spielen? Wie sollen die Antworten auf die Herausforderungen des Klimaschutzes aussehen? Wie umgehen mit Fachkräfte- und Wohnungsmangel? Zu diesen und weiteren Fragen diskutierten Vertreter der Hamburger Parteien auf Einladung des Jungen Wirtschaftsrats in den Räumlichkeiten von Jones Lang LaSalle (JLL).
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Die Begrüßung und thematische Einführung in die Veranstaltung übernahm Sine Sprätz, stellvertretende Landesvorsitzende des Jungen Wirtschaftsrates Hamburg, gemeinsam mit Richard Winter, Regional Manager Hamburg bei Jones Lang LaSalle, der die Wohnungsbaupolitik der letzten vierzig Jahre bemängelte und die Wirkungslosigkeit eines Mietendeckels hervorhob.

 

 

Auf dem Podium diskutierten anschließend:

  • Isabell Emmert, Referentin Executive Search | Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGaA, als Vertreterin der Wirtschaft
  • Michael Kruse MdHB, Fraktionsvorsitzender und Fachsprecher für Wirtschaft und Digitales | FDP Bürgerschaftsfraktion
  • Carsten Ovens MdHB, Fachsprecher für Wissenschaft und Digitale Wirtschaft | CDU Bürgerschaftsfraktion
  • Hansjörg Schmidt MdHB, Fachsprecher für Digitale Wirtschaft, Technologie und Innovation | SPD Bürgerschaftsfraktion
  • Anjes Tjarks MdHB, Fraktionsvorsitzender und Fachsprecher für Öffentliche Unternehmen | GRÜNE Bürgerschaftsfraktion

 

Moderiert wurde die Runde vom Landesvorsitzenden des Jungen Wirtschaftsrates Hamburg, Michael Semder.  

 

Michael Kruse sprach sich klar für mehr Industrie in Hamburg aus und favorisierte den Hafen als Gebiet für weitere Industrieansiedlung. Gerade hochinnovative Branchen wie Batterie- oder Wasserstoffproduktion könne man genau dort ansiedeln. Dies sei auch von Nutzen für den Klimaschutz. Man müsse heute den Unternehmen, die in der Zukunft einen enormen Energiebedarf haben, vermitteln, dass sie nach Hamburg kommen sollen. „Wir wollen den Bereich Offshore noch ausbauen und wir wollen nicht wie die letzten 30 Jahre nur darüber reden – und dann die meisten Projekte nicht hinkriegen, weil das Planungsrecht das gar nicht ermöglicht“, so Kruse. Ein wichtiger Punkt zur Bekämpfung des Fachkräfte- und Wohnungsmangels sei die Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Hamburger Behörden. So dauerten beispielsweise die Erteilung von Arbeitserlaubnissen und die Bearbeitung von Bauvoranfragen deutlich zu lange.

 

Die Vereinbarkeit von Industrieentwicklung und Klimawandel stand auch im Mittelpunkt der Ausführungen von Hansjörg Schmidt: „Eine möglichst klimaneutrale Industrie wird ohne Digitalisierung nicht funktionieren und ich glaube, dass wir dort als Stadt die besten Karten in der Hand haben, da die Menschen, die an diesem Wirtschaftstransformationsprozess beteiligt sind, Wert auf ein gutes Umfeld legen.“ Generell müssten Investitionen in den Klimaschutz als nationale Kraftanstrengung gesehen werden, lokal könne man höchstens die Wege dafür ebnen.

Es dürfe nie wieder der Fehler gemacht werden, mit dem Wohnungsbau aufzuhören. Der Zielwert von 10.000 neuen Wohnungen pro Jahr sei aber schon sehr ambitioniert und man müsse auch darauf achten, dass man das Bauen durch das Bauen nicht noch teurer mache.

Carsten Ovens gab zu bedenken, dass man für die Zukunft des Industriestandorts Hamburg eine viel bessere digitale Infrastruktur und mehr Fachkräfte benötige. Er kritisierte, dass die Forschung an den Hamburger Universitäten in den letzten Jahren stiefmütterlich behandelt worden sei: „Wir haben das bei Google gesehen, quasi moderne Industrie, die vor einigen Jahren vor der Entscheidung standen, ein Entwicklungszentrum in Deutschland aufzubauen. Deren hochwertige Arbeitsplätze wurden aber nicht in Hamburg geschaffen, sondern in München, weil dort die Universitäten ausreichend IT-Fachkräfte auf den Markt bringen.“ Um der Wohnungsnot Herr zu werden, müsse es eine deutliche Nachverdichtung an den Hauptverkehrsstraßen geben. Auch müsse dort, wo die Struktur des Stadtteils es zulasse, höher gebaut werden als bisher und die Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden bei der Erschließung neuer Baugebiete enger werden.

 

Für Anjes Tjarks ist Hamburg ein Industriestandort und sollte dies „auf jeden Fall“ bleiben. Die Windenergieindustrie, die eigentlich zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen sollte, stehe aber in Hamburg vor großen Problemen, da die Bundesregierung nicht genug Tempo beim Ausbau der Windenergie mache. „Davon abgesehen brauchen wir aber noch viel mehr regenerativen Strom, den wir im Übrigen nicht komplett in Deutschland produzieren werden können“, so Tjarks. Beim Thema bezahlbarer Wohnraum zeigte er sich optimistisch, den Markt durch Bauen „in den Griff zu bekommen.“ Darauf deute auch der Mietenspiegel der letzten zwei Jahre hin, der im Schnitt nur noch um 1,3 Prozent gestiegen sei.

 

Isabell Emmert berichtete aus ihrer persönlichen Erfahrung bei Asklepios, dass der Fachkräftemangel zum Teil durch Rekrutierung aus dem Ausland abgemildert werden konnte und dies auch weiterhin getan werden müsse. Aber auch in Deutschland gebe es noch Potenzial für Arbeitskräfte. So könnte man beispielsweise durch eine noch bessere Kinderbetreuung viele qualifizierte Frauen dazugewinnen. Eine andere Möglichkeit sei es, Fachkräften aus dem ländlichen Raum ein Fahrzeug zur Verfügung zu stellen.

 

Das anschließende Get-together gab Gelegenheit, mit den Podiumsteilnehmern persönlich ins Gespräch zu kommen. 

 

Fotos: Wirtschaftsrat/Christian Ströder