Mitgliederversammlung 2020
Als Ursachen für das schlechte Abschneiden der Hamburger Christdemokraten machte von Beust gleichermaßen interne wie externe Faktoren aus: Extern hätten die Vorgänge in Thüringen und in der Bundes-CDU erheblich dazu beigetragen. „Bis zum Wahlsonntag gab es seitens der Bundes-CDU zehn verschiedene Meinungen, wie man mit der Situation in Thüringen umgehen soll. Die Menschen wollen aber Führung und Klarheit wählen“, so von Beust. Darüber hinaus habe es im Nachgang der Thüringen-Wahl eine Situation gegeben, in der alle Parteien links der Mitte es geschafft hätten, einen moralischen Kodex aufzubauen, der alle Parteien rechts der Mitte als rechtsradikal darstellt. Der angekündigte Rücktritt von Annegret Kramp-Karrenbauer als Parteivorsitzende, ihr Verzicht auf die Kanzlerkandidatur und die anschließende Führungsdiskussion der Bundes-CDU hätten ihr Übriges getan.
Intern sei es durch das Duell Peter Tschentscher gegen Katharina Fegebank für die weiteren Kandidaten schwer geworden: „Wenn Sie außerhalb ihrer eigenen Partei zwei Kandidaten haben, die in der Öffentlichkeit fixiert sind, fallen die Dritten sehr leicht durch den Rost“, erklärte er. Außerdem habe die CDU in Hamburg es immer noch nicht geschafft, die Frage zu beantworten, ob sie das Image einer aufgeschlossenen Großstadtpartei pflegen oder doch eher konservativ „CDU-pur“ sein wolle. Der Strategiewechsel weg von einer Koalition mit den Grünen hin zu einer Deutschlandkoalition sei drei Wochen vor der Wahl ein Fehler gewesen. „Das Gefühl wofür eine Partei steht, ist beim Wähler fast wichtiger als der Inhalt“, so von Beust. Und schließlich habe es zu wenig personelle Identifikation der Wähler mit den Hamburger CDU-Politikern gegeben. Marcus Weinberg habe es auch deswegen schwer gehabt, weil er in Hamburg zu wenig bekannt gewesen sei. Um den Bekanntheitsgrad nennenswert zu steigern, habe die Zeit gefehlt.
Generell könne man aber auch sagen, dass das Hamburger Wahlergebnis im Hinblick auf die Entwicklung der Wahlen in ganz Deutschland völlig normal gewesen sei: „SPD und CDU haben zwischen fünf und zehn Prozent verloren und die Grünen haben sich immens gesteigert.“
Abschließend gab er seiner Partei noch einige Ratschläge mit auf den Weg und betonte, dass die CDU ihren Kernbereich beibehalten, aber gesellschaftliche Entwicklungen nicht außer Acht lassen sollte. Dies müsse mit einer langfristigen personellen Entscheidung einhergehen: „Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Sie müssen wirklich lange Oppositionsführer sein, um bekannt zu werden und auch um gemocht zu werden.“ Wichtig sei es auch, als Partei eine Idee zu haben, wo es mit Hamburg hingehen soll. „Die Leute folgen einer Partei oder einer Person in konkreten Punkten nur, wenn diese in ein Gesamtkonzept einzuordnen sind“, resümierte der ehemalige Regierungschef.
Im Anschluss an den offiziellen Teil der Mitgliederversammlung luden der Wirtschaftsrat und Aon Deutschland zu einem Get-together mit Imbiss ein.
Fotos: Wirtschaftsrat/Christian Ströder