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Bericht
23.06.2019
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"Nachts besser schlafen" mit Tax Compliance System

Für Unternehmen sollte „Tax Compliance“ – das aktive Befolgen von steuerlichen Pflichten – eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Nur geeignete Regelungen und Prozesse können sicherstellen, dass die Steuergesetze und Vorgaben der Finanzverwaltung eingehalten werden. Das gilt längst nicht mehr nur für große Konzerne.
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Im Zuge der Digitalisierung und Internationalisierung, Stichwort Onlinehandel, gewinnt Tax Compliance auch für kleine und mittelständische Unternehmen an Bedeutung. Die digitale, grenzüberschreitende Welt birgt steuerrechtliche Risiken, die leicht übersehen werden können. Gleichzeitig eröffnet die Digitalisierung aber auch Möglichkeiten, um eben diesen Risiken zu begegnen. Durch automatisierte Umsatzsteuer-Lösungen etwa lässt sich die Effizienz administrativer Prozesse wesentlich steigern. Vor diesem Hintergrund lud die Landesfachkommission „Steuern, Haushalt & Finanzen“ zu einer Podiumsdiskussion in die Räumlichkeiten der Wirtschaftskanzlei Gleiss Lutz ein.

 

Auf dem Podium diskutierten Manuk Babayan, Senior Tax Manager bei der Union Investment Real Estate GmbH, Judit Emmer, Indirect Tax Advisor – German VAT bei der Shell Deutschland Oil GmbH sowie Roger Gothmann, Geschäftsführer und Co-Founder der Taxdoo GmbH. Die Moderation übernahm Dr. Ruth-Caroline Zimmermann, Partnerin der Wirtschaftskanzlei Möhrle Happ Luther und Mitglied in der Landesfachkommission „Steuern, Haushalt & Finanzen“.

 

In einer kurzen Einführung erläuterte der Gastgeber Dr. Johann Wagner, Partner bei Gleiss Lutz, dass sowohl Digitalisierung als auch Tax Compliance zwar keine neuen Themen, in der heutigen Welt aber „Dauerbrenner“ seien. Für Unternehmen eröffne die Digitalisierung zahlreiche Möglichkeiten zur Weiterentwicklung, bringe aber parallel neue Herausforderungen und Risiken mit sich, insbesondere beim Steuerrecht. Aus diesem Grund seien Tax Compliance Management Systeme für Unternehmen heute fast unverzichtbar, um den erhöhten steuerrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden und somit finanzielle sowie persönliche Sanktionen zu vermeiden.

 

Roger Gothmann demonstrierte anhand einer Live-Demo der Software-Lösung von Taxdoo, wie komplex und wichtig das Thema Umsatzsteuer in einer Welt des Onlinehandels und digitaler Marktplätze geworden ist. Viele kleine und mittelständische Unternehmen betrieben heute internationalen Warenhandel und nutzten dafür die logistische Infrastruktur großer Handelskonzerne wie Amazon. Meist fehle jedoch die steuergesetzliche Expertise für diese Geschäfte. „Zwei Burschen im Kinderzimmer können einen Jahresumsatz von 5 Millionen Euro generieren“, sagte Gothmann, „aber Steuererklärungen für mehrere Länder, in verschiedenen Sprachen und mit variierenden Fristen können sie einfach nicht handhaben.“ Sogar viele Steuerberater schreckten angesichts der hohen Komplexität einer grenzüberschreitenden Umsatzsteuer zurück und vermieden den Bereich E-Commerce. Das Startup Taxdoo biete daher einen automatisierten Prozess für Umsatzsteuererklärungen an, durch den Kunden von der Rohdatenverarbeitung bis zur Überführung in die Finanzbuchhaltung ihren nationalen und internationalen Steuerpflichten gerecht werden könnten.

Gefragt nach der Notwendigkeit eines Tax Compliance System zeigte sich Judit Emmer davon überzeugt, dass man damit „nachts besser schlafen kann“. Es gebe Gewissheit, dass das Unternehmen gegen steuerrechtliche Risiken weitestgehend abgesichert sei. Bei Shell gliedere sich der Tax Compliance Bereich in drei Zweige: Beim Corporation Management würden steuerliche Risiken zunächst identifiziert. Anschließend seien Compliance und Risikomanagement gefragt: Wo liegen Steuerrisiken und wie ist mit diesen umzugehen? Werden Arbeitsanweisungen eingehalten? Wer hat welche Aufgaben in der Vorbereitung der Steuererklärung? Wie werden Unterlagen archiviert? Abschließend erfolge die Nachbereitung, bei der Projektergebnisse analysiert würden. Die Steuerexpertin betonte darüber hinaus, wie wichtig eine gute Kommunikation zwischen der Steuerabteilung und anderen Unternehmensbereichen sei.

 

Manuk Babayan ergänzte, dass eine der größten Herausforderungen der Digitalisierung darin liege, die Mitarbeiter von Neuerungen zu überzeugen. Einerseits trügen digitale Lösungen dazu bei, dass Steuern nicht länger als „Bremse für Unternehmen“, sondern zunehmend „als eine Art Unterstützer oder Gestalter“ gesehen würden. Andererseits erfordere dieses Umdenken auch einen Perspektivwechsel in den Köpfen der Beschäftigten und die Bereitschaft, sich auf veränderte Prozesse einzulassen. Neue technische Lösungen verlangten das Erlernen neuer Arbeitsabläufe, wobei es sich im Steuerbereich meist um komplexe Tools handele, die eine gewisse Einarbeitungszeit erforderten. Es gelte also, „den Mitarbeitern die neue Technik schmackhaft zu machen“ und sie von den Vorteilen der Digitalisierung – für Unternehmen sowie Kunden – zu überzeugen.

 

In ihrem Fazit waren sich die Diskutanten einig, dass der digitale Wandel viele Abläufe im Steuerwesen vereinfache, das menschliche Know-how in Sachen Analyse und Rechnungswesen aber immer noch unersetzbar sei. Nach der abschließenden Fragerunde des Publikums lud Gleiss Lutz zu einem Get-together ein.