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Bericht
08.10.2018
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"Sich einfach mal was trauen!"

Nach dem zwischenzeitlichen Höhenflug ist etwas ruhiger geworden um Bitcoin. Viel interessanter als der Kurs der Kryptowährung ist ohnehin die Technik dahinter: die Blockchain oder allgemeiner die Distributed Ledger Technologie. Sie zählt zu den digitalen Schlüsseltechnologien der Zukunft. Wo genau liegen die Vorteile von Blockchain & Co? Wie sieht es mit Nachteilen aus? Und gibt es bereits konkrete Anwendungsfelder?
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Um diese und weitere Fragen zu diskutieren luden der Junge Wirtschaftsrat Hamburg und die Landesfachkommission „Junges Hamburg“ gemeinsam zu einer Podiumsdiskussion in die Räumlichkeiten von Ernst & Young in der Rothenbaumchaussee ein. Die Begrüßung und Anmoderation übernahm der Landesvorsitzende des Jungen Wirtschaftsrates, Michael Semder.

 

Als Einstieg in die Thematik diente ein Impulsvortrag von Dr. Uve Samuels, Geschäftsführer der HSBA und Gründungsmitglied des Bundesverband Blockchain. Er stellte die These auf, dass die Blockchain-Technologie das Potenzial habe, eine neue industrielle Revolution auszulösen. Die bisherigen „Big Player“ GAFA – Google, Amazon, Facebook und Apple – hätten „die Märkte der Zukunft fest im Griff.“

 

Die Gewinner der ersten, großen industriellen Revolution seien vor allem Eigentümer und Betreiber großer Produktionsanlagen gewesen, die Ihren Erfolg und ihr Wachstum dadurch immer weiter hätten maximieren können. „Heute sind Daten die Währung, die Erfolge möglich macht“, erklärte Samuels und verwies auf die erwähnten Big Player. Jedoch könne ausgerechnet die Blockchain dazu führen, die Marktmacht dieser Giganten zu brechen. Denn: Die direkte Datenübertragung sowie der fälschungssichere Informationsaustausch via Blockchain könne zwischengeschaltete Dienstleister bzw. Profiteure verdrängen.

 

Weiter ging es mit dem Podium. Als Diskutanten nahmen teil Marcus Ewald, Bundesvorsitzender des Jungen Wirtschaftsrates und Beiratsvorsitzender des Bundesverband Blockchain, Jorge Daniel Sangines Füchtner, CEO der Goforit Media AG, Konstantin Loebner, Geschäftsführer der Inno Real Technologies und Sebastian Schüßler, Rechtsanwalt und Digitalisierungsmanager Legal Technology der Rödl & Partner GmbH. Leon Nussbaumer, Junior Project Manager M&A Aurubis AG und Mitglied der Landesfachkommission Junges Hamburg, moderierte die Runde.

Marcus Ewald stellte das Potenzial der Blockchain in den Vordergrund und erläuterte, dass die Technologie zwar noch am Anfang stehe, sich aber schon jetzt „unvorstellbare“ Anwendungsszenarien auftäten. Die Möglichkeiten seien nahezu grenzenlos: „Smart Contracts können eine Komplexität erlangen, die wir uns heute noch gar nicht ausmalen können!“

 

Trotz der frühen Phase mahnte Ewald an, dass Unternehmen die Blockchain rechtzeitig integrieren sollten. „Sie müssen zukünftig sehr gut darin sein, zu erkennen, was im Internet passiert. Ich kann jedem nur empfehlen, im eigenen Unternehmen eine Kompetenz aufzubauen, die in der Lage ist, Neues zu erfassen und schnell zu adaptieren.“

 

Für Hamburg sei es wichtig, öffentliche Datenbanken zu schaffen, für Akzeptanz digitaler Verträge in der Verwaltung zu sorgen und den Standort durch die Etablierung von Pilot- und Forschungsprojekten attraktiver zu gestalten.

 

Konstantin Loebner nahm ebenfalls auf Hamburg Bezug und betonte, wie wichtig es sei, gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Gerade hier habe die Hansestadt noch großen Nachholbedarf. Insbesondere müssten die digitale Infrastruktur und der Ausbau schnellen Internets massiv vorangetrieben werden, um Unternehmen und Universitäten bessere Voraussetzungen am Standort zu bieten.

 

Insbesondere die Universitäten sollten sich verstärkt auf Themen wie die Blockchain konzentrieren und sich fragen: „Was können wir dazu beitragen, um die Talente nach Hamburg zu bekommen, die solche Technologien weiter nach vorne bringen?“ Und auch an die Unternehmer wandte sich Loebner. Er riet dazu, sich mit bewusst mit der Blockchain auseinanderzusetzen und zu überprüfen, inwiefern das eigene Unternehmen von der Technologie profitieren könne.

Jorge Daniel Sangines Füchtner erkannte einen wesentlichen Vorteil der Blockchain darin, dass sie in der Lage sei, Betrug vorzubeugen und die Möglichkeit eines freiwilligen Datenaustauschs mit Gegenleistung schaffe.

 

Auch er betonte, dass Deutschland und Hamburg noch einiges tun müssten, um als Standort attraktiver zu werden. So forderte er bessere Rahmenbedingungen für Crowdinvesting und warnte davor, dass immer mehr junge Informatiker ins Ausland abwanderten – ein großes Problem für die hiesigen Unternehmen. „Wir brauchen eine angepasste Gesetzgebung und staatliche Stellen, die mit solchen Technologien umgehen können“, sagte er außerdem

 

Eines der größten Defizite machte Sangines Füchtner mit Blick auf die deutsche Invesitionslandschaft aus. „Amerikanische Unternehmen haben einen deutlichen Vorsprung uns gegenüber. Dort werden bereits für kleinste Ideen Investitionsgelder von drei Millionen Dollar bereitgestellt, während wir in Deutschland bei 50.000 Euro anfangen und das gerade in einer Industrie, in der es heißt, schnell zu sein!“

 

Als Rechtsanwalt sieht Sebastian Schüßler sowohl neue Herausforderungen als auch Möglichkeiten auf seine Zunft zukommen. Er verwies in diesem Zusammenhang auf elektronische Verträge, Grundbücher, Urkunden und vieles mehr, bei dem die Blockchain zum Einsatz kommen könne. Insofern seien auch Juristen abseits des IT-Rechts betroffen. „Jeder junge Jurist ist gut beraten, sich mit diesen Thematiken vertraut zu machen.“

 

Schüßler befürwortete ebenfalls, Blockchain-Pilotprojekte in Hamburg zu starten. Unternehmen seien gut beraten, sich früh fachkundige Studierende zu suchen, neue Positionen zu schaffen und neue Netzwerke aufzubauen. Das Wichtigste angesichts des rasanten technologischen Fortschritts sei es, die Trends zu verfolgen und aktiv zu handeln – auch, wenn es nur ein kleiner Schritt sei. Die Devise solle lauten: „Sich einfach mal was trauen!“