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Bericht
02.08.2021
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Aus den Ländern (Hamburg) - Was Deutschland aus der Corona-Krise lernen muss

Online-Talk

Wolfgang Bosbach: "Was der Staat ausgibt, muss vorher verdient werden."
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Im internationalen Vergleich galt Deutschland zu Beginn der Corona-Krise zwar lange Zeit als Vorbild in der Pandemiebekämpfung. Doch nach und nach zeigten sich Defizite in der Bewältigung der Corona-Pandemie und die Kritik am Krisenmanagement von Bund und Ländern wurde zunehmend lauter. Der Corona-Politik wurde insgesamt vorgeworfen, zu reaktiv zu sein. Wolfgang Bosbach, Vorsitzender der Regierungskommission „Mehr Sicherheit für Nordrhein-Westfalen“, erläuterte im Online-Talk des Wirtschaftsrates Hamburg, welche Lehren daraus zu ziehen sind.

 

Als erste Konsequenz aus den Erfahrungen der Pandemie forderte der frühere stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion ein klares Regelwerk für Staatshilfen. Unternehmen müssten sich in Zukunft für den Fall eines Geschäftsverbots im Lockdown sicher sein können, dass ihnen geholfen werde: „Wenn jemand sein Geschäft aus Gründen des Gesundheitsschutzes der Allgemeinheit nicht betreiben darf, obwohl es Nachfrage gibt, dann kann die Allgemeinheit ihn nicht ins Bodenlose fallenlassen.“

Forderungen nach Steuererhöhungen zur Finanzierung der Staatshilfen erteilte er eine klare Absage und verwies auf die Situation nach der Finanzkrise: „Damals war der Einbruch der wirtschaftlichen Gesamtleistung größer als im vergangenen Jahr und wir hatten nach 2009 bis zur Pandemie ununterbrochenes Wirtschaftswachstum und ununterbrochen lagen die Steuereinnahmen über der Steuerschätzung.“ Das Problem in Deutschland sei nicht fehlendes Geld, sondern der Modernisierungsstau durch zu langsame Genehmigungsverfahren: „Es ist in den letzten zehn Jahren kein einziges Projekt am Geld gescheitert. Es fehlt an rechtskräftig festgestellten Planfeststellungsbeschlüssen oder an Bebauungsplänen, weil zu viele Klagen anhängig sind.“

Die letzten anderthalb Jahre hätten auch bewiesen, dass Deutschland sich beim Katastrophenschutz bevorraten müsse. „Wir haben geglaubt, dass wir aufgrund unserer wirtschaftlichen Stärke und unserer Finanzkraft in der Lage wären, zu jeder Zeit an jedem Ort der Welt zu marktüblichen Preisen das einkaufen zu können, was wir benötigen“, so Wolfgang Bosbach. Die Pandemie habe aber sehr schnell gezeigt, dass man bestimmte Produkte entweder gar nicht, oder nur zu Mondpreisen bekomme, wenn die ganze Welt in kurzer Zeit auf diese zugreife. Man könne eben nicht davon ausgehen, immer das, was man brauche, just in time zu bezahlbaren Preisen auf den Weltmärkten zu erhalten.

Abschließend warnte er vor dem Verlust des Zusammenhangs zwischen wirtschaftlicher Leistung und sozialer Leistungsfähigkeit in Deutschland: „Dass all das, was der Staat ausgibt auch erst einmal erarbeitet werden muss und dass man nur das umverteilen kann, was auch tatsächlich in der Kasse ankommt, ist immer schwerer zu erklären.“ Man müsse deutlicher machen, dass Wohlstand für alle nicht von Umverteilung komme, sondern von Fleiß.

In der anschließenden Diskussionsrunde nahm sich Wolfgang Bosbach viel Zeit, um auf die Fragen und Diskussionsbeiträge der Mitglieder einzugehen.