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Bericht
21.01.2019
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Wie finden Hamburgs Unternehmen ihre Nachwuchskräfte?

In Zeiten eines hohen Beschäftigungsniveaus stehen viele Hamburger Unternehmen vor einer gemeinsamen Herausforderung: Der Suche nach geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, insbesondere nach Nachwuchskräften. Aktuell fehlen mehr als 53.000 Fachkräfte in der Hansestadt. Hinzu kommt, dass die Zeitspanne zwischen dem Ausscheiden von Arbeitnehmern und der Neubesetzung von Stellen immer größer wird – mittlerweile liegt sie bei bis zu sechs Monaten.
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Vor diesem Hintergrund hatte der „Beirat der Unternehmerinnen“ zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Mit dabei waren Christina Block, Aufsichtsratsmitglied der Eugen Block Holding GmbH, Bianca Steinke, technische Projekt- und Produktmanagerin, Thomas Krakau, Leiter Konzernbereich Pflege der Asklepios Kliniken GmbH & Co. KGa, Arno Schirmacher, Leiter Personalmanagement der Hamburger Hafen und Logistik AG sowie MdHB Michael Westenberger, Fachsprecher für Wirtschaft und für Europa der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Moderiert wurde die Runde von Eva Buchhorn, Redakteurin des manager magazin.

 

Thomas Krakau erläuterte, dass der Pflegebereich besonders unter dem Fachkräftemangel leide. „Wir sind viel stärker betroffen als andere, was ganz einfach daran liegt, dass es in der Zukunft – in den nächsten 20, 30 Jahren – immer mehr alte Menschen geben wird, die immer mehr Pflege brauchen“, so Krakau.

Um dafür gewappnet zu sein, müsse neben der Erhöhung der Ausbildungskapazitäten zusätzlich eine große Zahl von Pflegekräften im Ausland rekrutiert werden. So gebe es z.B. auf den Philippinen, in der Ukraine oder den Westbalkanstaaten einen Überschuss an gut ausgebildeten Fachkräften, die gerne in Deutschland arbeiten würden.

Allerdings müssten große bürokratische Hürden überwunden werden, bis diese hierzulande eingesetzt werden könnten. „Wir brauchen die Leute hier und wir brauchen sie jetzt. Jeder, der dazu beitragen kann, dass unsere verkrustete Bürokratie etwas offener wird, in Richtung Green Card oder wie auch immer, ist herzlich willkommen“, appellierte Krakau. Darüber hinaus sei die starke Regulierung in der Gesundheitsbranche ein großes Problem.

 

Bianca Steinke berichtete vom Fachkräftemangel in der IT-Branche, der insbesondere Start-ups Schwierigkeiten bereite. Auch machte sie darauf aufmerksam, dass gerade im IT-Sektor der Frauenmangel eklatant sei. „Es ist ein großes Problem, dass das Wachstum der Start-ups einerseits stark behindert wird und andererseits inhaltlich – in der Produktentwicklung – die weibliche Sicht auf die Themen fehlt.“

Bei der Rekrutierung von Fachkräften im Ausland habe die Branche ebenfalls mit hohen bürokratischen Hürden zu kämpfen: „Wenn wir jemanden finden, der qualifiziert ist, der Interesse hat, haben wir das Problem, Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen zu bekommen“, so Steinke. Gerade die deutsche Sprache sei in Deutschland oft noch für eine Arbeitserlaubnis erforderlich, obwohl diese bei der Ausübung des Berufs häufig gar nicht notwendig sei.

Kritik übte Steinke überdies an der Ausbildung in Deutschland. „In England ist Informatik Pflichtfach, da lernen Jugendliche bis zum 14. Lebensjahr zwei Programmiersprachen“, erklärte sie. Auch in Deutschland müssten die Kinder spielerisch an die Themen Technik, IT und die MINT-Berufe allgemein herangeführt werden.

Die vergleichsweise geringen Probleme der HHLA bei der Mitarbeiterrekrutierung erklärte Arno Schirmacher mit dem guten Image und der Präsenz seines Unternehmens: „Es ist so, dass wir als Arbeitgeber mit Unesco-Weltkulturerbe, den Hafenterminals, sehr bekannt sind und eigentlich auf fast jeder Postkarte vorkommen.“ Man gehe aber auch neue Wege, um Auszubildende zu finden und die Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen. So gebe es keine festen Stichtage für die Bewerbung um einen Ausbildungsplatz mehr und auch auf Einstellungstests werde verzichtet. „Die Bewerber kommen zu uns, machen ein Praktikum, denen gefällt das Unternehmen, wir sind auch zufrieden und dann machen wir einen Ausbildungsvertrag“, skizzierte Schirmacher den Bewerbungsprozess.

Wichtig sei für die Menschen auch, wie sie zur Arbeit kämen. Die HHLA biete dafür beispielsweise ein E-Bike Leasingprogramm an, das von den Mitarbeitern sehr gut angenommen sei. „Die Menschen möchten mit der Firma verbunden sein und sie schätzen, dass das Unternehmen sich mit ihrer Lebensrealität außerhalb der Arbeit beschäftigt“, erklärte der Personalchef. 

 

Unternehmerin Christina Block führte den Fachkräftemangel in Ausbildungsberufen auch auf das schlechte Image der Ausbildung an sich zurück. Dieses müsse unbedingt aufpoliert werden. „Da sind wir als Arbeitgeber und Branchenvertreter gefragt“, so Block. Man müsse verstärkt auf die Arbeitgebermarke und die richtige Work-Life-Balance setzen. Als funktionierendes Beispiel aus dem eigenen Unternehmen verwies sie auf die Praxis, dass die Mitarbeiter ihren Dienstplan in jedem Block House selbst gestalten könnten.

„Die Mitarbeiter kommunizieren miteinander. Sie wissen ohnehin am besten, wer wie, wo und wann arbeitet. Durch das Arrangieren untereinander erhalten sie Freiheit über ihre eigene Arbeitszeit. Das ist ein großer Gewinn“, versicherte Block.

Neben der Bezahlung gehörten auch Förderung und Forderung der Mitarbeiter dazu. „Die Bereitschaft, jeden Mitarbeiter auf eigene Kosten weiterzubilden – auch auf die Gefahr hin, dass er uns irgendwann verlässt – ist auch einer der Gründe, warum wir im Block House eine durchschnittliche Mitarbeiterzugehörigkeit von 20 Jahren haben.“

 

Einigkeit herrschte darüber, dass dringend mehr bezahlbarer Wohnraum in Hamburg geschaffen werden müsse, um den Bedarf für die Fachkräfte decken zu können.

 

Der Bürgerschaftsabgeordnete Michael Westenberger nahm diesen Punkt auf und berichtete, dass seine Partei über den Wirtschaftsausschuss versuche, Anreize für Unternehmen zu setzen: Firmen, die Grundstücke von der Stadt erwerben wollen, um Auszubildende und Fachkräfte unterzubringen, sollen in der Ausschreibung privilegiert werden.

Um die Probleme rund um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen, sprach sich Westenberger für eine Deregulierung des Marktes aus. „Wir müssen auf die äußeren Faktoren achten. Wir müssen für Berufe, die heute kaum einer übernehmen will, den Markt soweit von Regulierung befreien, dass unser Sozialstaat weiterhin funktioniert“, erklärte der Politiker.

Darüber hinaus forderte er eine Renaissance der Ausbildungsberufe. „Wer heute studieren will, bekommt BAföG, bekommt alle Leitplanken, die der Staat geben kann. Nun machen Sie mal beim Elbcampus eine Ausbildung zum Meister. Was Ihnen da an Knüppeln zwischen die Beine geworfen wird. Geschweige denn, dass Sie ein kostenloses Darlehen vom Staat bekommen können“, kritisierte er. Der Staat müsse Rahmenbedingungen für die Ausbildung setzen, die jenen für ein Studium mindestens gleichwertig seien.

 

Fotos: Wirtschaftsrat/Christian Ströder