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Bericht
06.05.2020
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Corona - Wie schlimm wird es wirklich?

Im Gespräch mit Prof. Volker Wieland, Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung
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In einer einstündigen Videokonferenz diskutierte Prof. Volker Wieland, Wirtschaftswissenschaftler an der Frankfurter Goethe-Universität und Ratsmitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, mit den Mitgliedern des hessischen Landesverbandes über den aktuellen Stand der Krise sowie deren kurz- und längerfristigen Auswirkungen auf die weltweiten Volkswirtschaften.

 

„Es kann immer schlimmer kommen. Die Zukunft kann keiner exakt voraussagen. Wir können nur Prognosen auf Grundlage von Modellen aufstellen“, so der Frankfurter Wirtschaftsweise, Prof. Volker Wieland. Derzeit gehen alle Experten davon aus, dass die Wirtschaft sich im 2. Halbjahr wieder erholen wird, auch wenn die Rezession im 1. Halbjahr die schlimmste seit 90 Jahren sein wird. „Wichtig ist vor allem, dass wir die Wirtschaft zügig wieder hochfahren, natürlich immer dem Risiko angepasst.“

 

Laut Prof. Wieland und auch anderen Experten ist die Dunkelziffer der tatsächlich am Corona-Virus infizierten Personen sehr viel höher als die Zahlen des Robert-Koch-Institutes. „Stichproben nach dem Zufallsprinzip werden dringend benötigt, einen genauen Überblick schaffen zu können, der auch für weitere Prognosen wichtig wäre“, forderte Prof. Wieland. Derzeit sieht es so aus, als ob die asiatischen und europäischen Staaten die erste Virus-Welle überstanden haben, da sich die Zahlen der Neuinfizierten abflachen bzw. stark rückgängig sind. Dagegen berichtet Russland momentan über steigende Infizierungszahlen.

Auch wenn bisher die USA am schlimmsten betroffen zu sein scheint, ist die Krise in allen Volkswirtschaften dieser Welt zu erkennen. „Allein die Anträge auf Arbeitslosenhilfe haben in den Vereinigten Staaten mit 32 Millionen den historisch höchsten Wert erreicht – auch weil es anders als in Europa dort kein Kurzzeitarbeitergeld gibt“, erklärt der hessische Wirtschaftswissenschaftler. Dies könnte auch Auswirkungen auf den Ausgang der anstehenden US-Präsidentschaftswahlen im November dieses Jahres haben.

 

Aber auch in Europa sind die Länder unterschiedlich stark betroffen – wirtschaftlich wie gesundheitlich. Der Sachverständigenrat geht, laut Prof. Wieland, von einem Einbruch der Wirtschaft um 6 bis 7 Prozent allein in Deutschland aus. Die prognostizierte schnelle Erholung im 2. Halbjahr hängt allerdings von einer Vielzahl von Faktoren ab. Die bereits eingeleiteten Maßnahmen der Bundesregierung zur Unterstützung der Wirtschaft wie zum Beispiel Kurzzeitarbeitergeld, direkte Zuschüsse oder Darlehen, welche sich auf Milliardenhöhen belaufen, sollten die schlimmsten Folgen der Corona-Krise abfedern. „Es ist allerdings auch klar, dass nicht jedem Unternehmen geholfen werden kann, vor allem denjenigen, die bereits vor der Krise Probleme hatten“, reflektierte Prof. Wieland. „Was wir jetzt vor allem benötigen ist eine klare Lockerungsstrategie“, forderte der Wirtschaftsweise. „Die Regeln müssen klar und für alle gültig sein, denn die Wirtschaft braucht Planungssicherheit. Ein Klein-Klein ist zu vermeiden.“ Auf Unverständnis stößt bei Prof. Wieland insbesondere die Entscheidung, dass Massage- oder Tattoosalons wieder öffnen dürfen, aber Kindergärten und Schulen weiterhin geschlossen bleiben. Dadurch fehlen der Industrie wichtige Fachkräfte, die in Zeiten der Lockerung und des Wiederhochfahrens der Wirtschaft dringend gebraucht werden.