Bericht
11.09.2025
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Familienunternehmen zwischen Tradition und Transformation

Studie beleuchtet Governance-Strukturen familiengeführter Weltmarktführer – Impulse zu KI und ESG-Regulatorik ergänzen die Diskussion.
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Der deutsche Mittelstand gilt als Innovationsmotor und Stabilitätsanker unserer Wirtschaft. Gleichzeitig wächst der regulatorische Druck. Hinweisgeberschutzgesetz, Lieferkettenrichtlinie, Datenschutzbestimmungen und ESG-Vorgaben verlangen von kleinen und mittleren Unternehmen Strukturen, die rechtssicher und zukunftsfähig sind. Dabei geht es nicht allein um Pflichterfüllung, sondern auch um Rechtssicherheit, Reputation, Wettbewerbsfähigkeit und unternehmerische Verantwortung. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie gute Governance in der Praxis gelingen kann, ohne Unternehmen zu überlasten. Ebenso wird diskutiert, welche Risiken bestehen und wo Chancen für mehr Transparenz, Vertrauen und Resilienz liegen.

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Mit diesen Leitfragen beschäftigte sich die Veranstaltung des Netzwerks Familienunternehmen & Mittelstand. Die Teilnehmenden erhielten wertvolle Einblicke und Impulse. Den Kern bildete die Vorstellung der KPMG-Studie „Von den Besten lernen – Die Governance familiengeführter Weltmarktführer“ durch Prof. Dr. Simone Zeuchner-Egli, Professorin für Wirtschaftswissenschaft und Organisationsentwicklung an der Hochschule Esslingen. Die Untersuchung basiert auf qualitativen Interviews mit 29 Unternehmen aus verschiedenen Branchen und Rechtsformen, deren Jahresumsätze zwischen 250 Millionen und einer Milliarde Euro liegen. Ein zentrales Ergebnis zeigt, dass nicht die Größe eines Unternehmens über die Qualität der Governance entscheidet, sondern die Rechts- und Organisationsform. Börsennotierte Firmen verfügen oft über strukturiertere Abläufe, während Familienunternehmen stärker individuelle Lösungen entwickeln.

Bemerkenswert ist, dass 41 Prozent der befragten Unternehmen freiwillig ein Aufsichtsgremium eingerichtet haben, obwohl keine gesetzliche Verpflichtung besteht. Diese Gremien sind meist schlank organisiert und bestehen in 80 Prozent der Fälle aus Hauptgesellschaftern. Auch Hauptversammlungen werden in 91 Prozent der Unternehmen regelmäßig abgehalten. Rund die Hälfte verfügt zudem über eine Familiencharta, die grundlegende Fragen wie die Gewinnverwendung oder feste Familientermine regelt. Prof. Dr. Zeuchner betonte, dass erfolgreiche Governance auf fünf Faktoren basiert. Dazu gehören Dialogfähigkeit, Professionalität, klare Rollenverhältnisse, eine ausgewogene Balance zwischen Regulierung und Profitabilität sowie eine strategische Partnerschaft auf Augenhöhe. Auf eine Publikumsfrage, wie stark Vertrauen im Alltag gelebt wird, verwies sie auf Unterschiede je nach Führungsstil und hob die Bedeutung einer klaren Kommunikation zwischen Inhabern und Geschäftsführung hervor.

Ergänzend brachte KPMG eigene Impulse ein. Roxana Meschke, Partnerin bei KPMG, stellte die Potenziale von Künstlicher Intelligenz in der Corporate Governance vor. Sie machte deutlich, dass die Entwicklung praxistauglicher Lösungen eine große Herausforderung darstellt. Mit der „KPMG Gen AI Factory“ entsteht jedoch bereits ein Werkzeug, das Prozesse verschlanken und faktenbasierte Entscheidungen unterstützen kann.

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Die Veranstaltung verdeutlichte, dass Unternehmen, die sich frühzeitig mit Governance-Strukturen auseinandersetzen, nicht nur ihre rechtliche Sicherheit stärken. Sie schaffen Vertrauen innerhalb der Familie, gegenüber Mitarbeitenden und am Markt. Gute Unternehmensführung entwickelt sich zunehmend zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil und wird damit zu einem zentralen Erfolgsfaktor für die Zukunft.