Bericht
28.10.2025
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Notruf aus dem Rathaus – Zukunft der kommunalen Haushalte

Die Diskussionsveranstaltung der Sektion Offenbach mit Vertretern von Kommunen und Bundespolitik.
©Wirtschaftsrat Hessen

Die Diskussionsveranstaltung der Sektion Offenbach mit Vertretern von Kommunen und Bundespolitik zeigte eindrucksvoll, wie groß die finanzielle und strukturelle Belastung vieler Kommunen inzwischen ist und wie dringend Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam Lösungen finden müssen, um die kommunale Handlungsfähigkeit zu sichern

Im Rahmen der Diskussionsveranstaltung der Sektion Offenbach zum Thema „Notruf aus dem Rathaus – Die Zukunft der kommunalen Haushalte“ diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Verwaltung über die zunehmend angespannte Finanzlage der Städte und Gemeinden.

Thomas H. Günther, Sprecher der Sektion Offenbach, betonte eingangs die Bedeutung gesunder Kommunen als zentralen Standortfaktor. Sie seien Orte gelebter Demokratie aufgrund der Nähe der politischen Vertreter zum Wähler. Sparmaßnahmen seien notwendig, aber politisch schwer vermittelbar. Bund und Land hätten viele Maßnahmen beschlossen, deren finanzielle Last jedoch hauptsächlich von den Kommunen getragen werde. Angesichts sinkender Einnahmen forderte Günther mehr finanzielle Verantwortung auf allen politischen Ebenen.

Wie sich diese strukturellen Belastungen konkret in den kommunalen Haushalten auswirken, verdeutlichte anschließend Jörg Rotter, Bürgermeister von Rödermark, anhand konkreter Zahlen seiner eigenen Gemeinde. Ein erheblicher Teil der kommunalen Einnahmen fließe in Pflichtabgaben wie die Kreisumlage und in Personal- sowie Sozialkosten. Für eigene Gestaltung bleibe kaum Spielraum. Besonders die Kinderbetreuung stelle mit steigenden Rechtsansprüchen eine wachsende Belastung für die Kommunen dar. Rotter forderte eine starke, gemeinsame Stimme der Kommunen, um eine verlässliche und nachhaltige Finanzierung sicherzustellen.

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Auch Steffen Ball, Bürgermeister von Heusenstamm, zeichnete ein deutliches Bild der Unterfinanzierung: Über 90 Prozent der kommunalen Haushalte seien durch Pflichtleistungen gebunden, seit Jahren wachse das Defizit. Ball sprach sich für mehr Eigenverantwortung, klare Prioritätensetzung und den Einsatz moderner Technologien – etwa Künstlicher Intelligenz – zur Effizienzsteigerung aus. Kommunen müssten ihre Aufgaben kritisch prüfen und ehrlich mit Versprechen umgehen. Nur durch Konsolidierung und gemeinschaftliches Handeln könne man „aus der Krise herauswachsen, statt sich herauszusparen“.

Patricia Lips MdB, stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, betonte, dass die Bürgermeister vieles richtig benannt hätten. Zwar sei in den vergangenen Jahren vieles gut gelaufen, doch hätten sich Strukturen eingeschlichen, die so nicht fortgeführt werden könnten. Lips erinnerte daran, dass das Konnexitätsprinzip – „wer bestellt, muss auch bezahlen“ – im Koalitionsvertrag verankert sei, jedoch bisher unzureichend umgesetzt werde. Auch fehle auf Bundesebene die Kraft, die Vielzahl der föderalen Überschneidungen und Schnittstellen zu ordnen. Trotz milliardenschwerer Programme, wie den angekündigten 100 Milliarden Euro für Länder und Kommunen, steht jetzt schon fest, dass das Geld nicht reichen wird. Sie forderte daher eine konsequente Konnexität und den Abbau von Sonderprogrammen, um Finanzströme zu vereinfachen. Die Lage der Kommunen sei bundesweit angespannt, verlange aber unterschiedliche Lösungen statt pauschaler Versprechen.

In der abschließenden Diskussion wurde deutlich, dass das Konnexitätsprinzip – „wer bestellt, muss auch zahlen“ – konsequent umgesetzt werden müsse. Eine Reform des Föderalismus wurde ebenso angeregt wie mehr Mut zu strukturellen Veränderungen. Die Teilnehmer waren sich einig, dass die aktuelle Krise auch als Chance verstanden werden müsse, das Verhältnis zwischen Bund, Land und Kommunen neu zu justieren und die Zukunftsfähigkeit der kommunalen Ebene zu sichern.