Tokenisierung als Zukunft des Finanzstandorts – Vermögen digital gedacht
Die
Digitalisierung macht auch vor den Fundamenten des Kapitalmarkts nicht Halt:
Bei der Veranstaltung „Vermögen in Bits und Bytes – Die Zukunft der
Kapitalmärkte“ im Frankfurter TechQuartier diskutierten Fachleute aus
Finanzwesen, Immobilienwirtschaft und Regulierung die Rolle der Tokenisierung
als zukunftsweisendes Instrument zur Transformation des Finanzplatzes.
Bereits in der Begrüßung durch Dr. Carsten Lehr, Sprecher des Netzwerkes Finanzplatz Frankfurt des Wirtschaftsrates, wurde deutlich, dass der Wandel hin zu digitalen Vermögenswerten nicht nur technologisch, sondern auch gesellschaftlich gestaltet werden muss. Peter Pawelski, CEO der Cntxt8 GmbH, betonte in seinem Grußwort, wie wichtig es sei, Vertrauen in das Finanzwesen zurückzugewinnen und die Verbindung zur Realwirtschaft stärker herauszustellen. Auch wenn Tokenisierung auf den ersten Blick wie ein Nischenthema wirken mag, ist sie längst kommerzielle Realität – und laut Pawelski gerade deshalb „langweilig erfolgreich“. Er illustrierte dies anhand eines lokalen Beispiels: Die Tokenisierung des Frankfurter Europaturms könnte private Investitionen ermöglichen, sofern rechtliche Fragen wie Denkmalschutz, Verwahrung und Compliance praxisnah geregelt werden.
Sergej Hermoni, Geschäftsführer der REFuture X Invest GmbH, zeigte anhand eines weiteren Fallbeispiels aus Frankfurt auf, wie Immobilien durch Tokenisierung einer breiteren Anlegerschaft zugänglich gemacht werden können. Die Technologie und der regulatorische Rahmen seien vorhanden – jetzt gelte es, diese Chancen vor allem bei öffentlichkeitswirksamen Projekten aktiv zu nutzen, um Bürgerinnen und Bürger stärker an „ihre“ Immobilien zu binden.
Peter Kohl-Landgraf, Digital Transformation Manager bei der DZ BANK, sprach vom „riesigen Momentum“, das derzeit herrsche. Ausgehend vom Bitcoin-Whitepaper 2008 bis hin zur Dual Track Strategy der EZB im Jahr 2025 spanne sich ein Bogen wachsender institutioneller Auseinandersetzung mit digitalen Assets. Die Einführung einheitlicher Standards und die gesetzgeberische Innovation seien nun entscheidend, um die Funktionalität und Stabilität der Systeme zu gewährleisten. Kohl-Landgraf verwies darauf, dass selbst alltägliche Zahlungsmittel wie PayPal-Guthaben letztlich tokenisierte Einheiten seien – Deutschland müsse hier international aufholen.
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass Vertrauen der zentrale Erfolgsfaktor für die Tokenisierung ist. Constantin Drott, Experte für digitale Zentralbankwährungen (Wholesale-CBDC) bei der Deutschen Bundesbank, Max Sembach von Infosys Consulting, Prof. Dr. Michael Simon, Geschäftsführer der Dr. Simon + Savas Ingenieurgesellschaft mbH, sowie Lutz Welge von der Bank Julius Bär diskutierten mit den Impulsgebern, wie technologische Innovation mit regulatorischer Verlässlichkeit und gesellschaftlicher Akzeptanz zusammengedacht werden kann. Dabei wurde auch Kritik laut: Deutschland und Europa seien zu langsam, während andere Regionen – etwa die Schweiz – mit einer innovativeren Haltung längst weiter seien. Alte Strukturen erschwerten häufig die Umsetzung, während weniger etablierte Systeme deutlich agiler mit neuen Technologien umgehen könnten.
Die Diskussion verdeutlichte, dass die Tokenisierung keine technologische Spielerei, sondern ein fundamentaler Bestandteil künftiger Kapitalmärkte ist. Es brauche funktionierende Sekundärmärkte, transparente Bewertungsmechanismen und eine Regulierung mit Augenmaß. Besonders deutlich wurde der Handlungsbedarf bei Immobilieninvestments, die bislang schwer zugänglich waren, nun aber durch digitale Teilhabe neue Wege der Kapitalbildung eröffnen könnten. Am Ende steht die Frage, ob es gelingt, das Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft in eine digitale Welt zu übertragen – eine Aufgabe, die Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gemeinsam gestalten müssen.
Ein besonderer Dank gilt der Cntxt8 GmbH für die freundliche Unterstützung der Veranstaltung und den anschließenden Empfang.