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Bericht
18.06.2019
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Verkauft sich Mittelhessen unter seinen Möglichkeiten?

Wichtige Weichenstellungen für den Mittelstand im Wirtschaftsraum Mittelhessen – mit diesem Thema wird sich der Wirtschaftsrat der CDU e.V. in den nächsten Monaten verstärkt in der Arbeit seiner regionalen Sektionen Gießen-Alsfeld, Marburg-Biedenkopf und Wetzlar-Dillenburg auseinandersetzen. Den Auftakt bildete eine Diskussion des Netzwerkes Familienunternehmen & Mittelstand mit Vertretern aus Wissenschaft und Politik im Hause der Deutschen Vermögensberatung in Marburg.
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Professor Gerrit Sames von der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) stellte in seiner Analyse die Chancen Mittelhessens heraus. Eine tolle Basis für die weitere Entwicklung sei das Potenzial an jungen Leuten, Marburg habe mehr Studenten als beispielsweise Frankfurt. Zudem sei das industrielle Umfeld mit einigen Hidden Champions sehr stark, zu seinem Bedauern bliebe das regelmäßig unter dem Radar. Kritisch sieht Sames den Digitalisierungsgrad der Unternehmen. Dieser sei deutlich zu gering, viele Unternehmen müssten ihre Geschäftsprozesse unbedingt und kurzfristig umstellen, um dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben. Gleichzeitig sieht er in diesem Kontext ein schnelles Internet als Rahmenbedingung als unabdingbar an. Sames moniert zudem fehlende Unterstützung und Förderung von Unternehmen bei der Umsetzung von Digitalisierung, die Praxis habe hier nicht den gleichen Aufmerksamkeitsgrad wie die Forschung.

Hermann-Otto Solms MdB (FDP) sieht eine wesentliche Aufgabe der Politik darin, alles für eine Infrastruktur zu tun, die den Weggang solcher Potenziale aus der Fläche verhindert. Im Wesentlichen heißt das: Exzellente Schulausbildung, medizinisches Angebot und neben der digitalen auch eine kulturelle Infrastruktur. Nur wenn an dieses Gesamtbild in Ordnung ist, könne Wirtschaftsstruktur erhalten bleiben. An die Wissenschaft gerichtet appellierte Solms eindringlich, die Hochschulen in Mittelhessen gemeinsam zu vermarkten und sich mit den prominenten Hochschulstandorten in Deutschland zu messen. In veröffentlichen Hochschulrankings müsse Mittelhessen wahrnehmbar vertreten sein.

Der Erste Kreisbeigeordnete Marburg-Biedenkopf, Marian Zachow (CDU), verdeutlicht, dass die Protagonisten Mittelhessens zu lange Geschichte sind. Man könne aktuell keine „Story erzählen“. Denn anders als beispielsweise in Baden-Württemberg  stünde in Mittelhessen nichts im Schaufenster. Sich hier besser und selbstbewusster zu positionieren und zu kommunizieren, sei essentiell.

 

Stefan Oberhansl, Sektionssprecher des Wirtschaftsrates im gastgebenden Marburg, nahm die Impulse aus der intensiv geführten Diskussion auf. In einem neuen Gremium aus Unternehmensvertetern, so sein Ausblick,  wird sich der Verband mit den relevanten Faktoren einer Standortpolitik für Mittelhessen auseinandersetzen und als Dialogpartner für Beratungen mit der Politik anbieten. Letztlich auch um Entwicklungen von politischen Strukturen entgegenzuwirken, die Hermann-Otto Solms so beschreibt: „Wir stehen uns hier vielfach selbst im Wege. Aber viele Leute finde das ja gut, weil sie nichts tun wollen.“