Bericht
20.08.2025
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Wirtschaft im Wandel: Warum Unternehmensnachfolge zur Gemeinschaftsaufgabe wird

Beim Unternehmerabend der Sektion Darmstadt-Dieburg diskutierten Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Finanzwesen, wie Unternehmensnachfolge gelingen kann.
©Adam Media

Beim Unternehmerabend der Sektion Darmstadt-Dieburg diskutierten Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Finanzwesen, wie Unternehmensnachfolge gelingen kann – und warum gerade jetzt ein neues Verständnis von Verantwortung und Zukunft nötig ist.

Unternehmensnachfolge wurde beim Unternehmerabend des Wirtschaftsrates in Darmstadt nicht als Abschluss, sondern als Übergang betrachtet – für die Unternehmerpersönlichkeit wie auch für das Unternehmen selbst. Fabian Schmidt, Partner beim Nachfolgekontor, schilderte, dass seine tägliche Arbeit sich mit genau diesem Übergang beschäftige. Er verwies darauf, dass in Deutschland in den kommenden zwei Jahren rund 200.000 Unternehmen eine Nachfolge regeln müssten. Viele davon seien jedoch nicht ausreichend vorbereitet, und oftmals fehle es an einem tragfähigen Geschäftsmodell für die Zukunft.

Auch Verena Müller, Mitglied der Geschäftsleitung der Commerzbank AG, beleuchtete die Herausforderungen aus Sicht der Finanzierung. Die Commerzbank verstehe sich zwar als Bank des Mittelstands, doch gestalte sich die Finanzierung einer Nachfolge in der Praxis oft schwierig. Zwar bestehe im Unternehmen häufig ein erheblicher wirtschaftlicher Wert, allerdings sei eine vollständige Fremdfinanzierung in der Regel nicht möglich. Realistisch seien etwa 60 bis 80 Prozent – der Rest müsse über Eigenkapital oder durch Förderprogramme aufgebracht werden.

Ein sehr persönliches Beispiel brachte Thomas Büchner ein – Inhaber der Günther Büchner Fertigrasen GmbH. Als Geschäftsführer in zweiter Generation sei er mit der aktiven Regelung seiner eigenen Nachfolge konfrontiert. Seine Kinder hätten sich bewusst gegen das Unternehmen entschieden – aus Respekt vor der Verantwortung und dem hohen Zeitaufwand. Rückblickend betonte Büchner, dass er sich gewünscht hätte, früher mit der Nachfolgeplanung begonnen zu haben. Besonders wichtig sei ihm, dass eine Nachfolge nicht aus familiärem oder emotionalem Druck heraus geschehe – der freie Wille der nächsten Generation stehe an erster Stelle.

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Peter Franz, Rechtsanwal und Mitglied des Hessischen Landtags, warb für ein neues gesellschaftliches Klima, das wirtschaftlichen Erfolg und unternehmerisches Handeln wieder positiver bewertet. Zwar seien in Hessen bereits politische Initiativen angestoßen worden, wie etwa die Schaffung eines eigenen Ministeriums zur Reduzierung von Bürokratie. Doch noch mangele es in der Gesellschaft am Verständnis dafür, dass wirtschaftlicher Erfolg mit Verantwortung und nicht mit Egoismus gleichzusetzen sei. Aus seiner Sicht müsse ein kultureller Wandel stattfinden, der Unternehmertum als wichtigen Beitrag zur Gesellschaft anerkenne.

In der offenen Diskussion rückten weitere strukturelle Aspekte in den Fokus. Es wurde betont, dass Start-ups zwar neue Arbeitsplätze schaffen, gelungene Nachfolgen jedoch bestehende sichern – was für den Wirtschaftsstandort ebenso essenziell sei. Auch die Bedeutung der Bildung wurde mehrfach hervorgehoben: Junge Menschen müssten früher mit unternehmerischen Denkweisen und Verantwortung in Berührung kommen, um Nachfolge als attraktive Möglichkeit wahrzunehmen.

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Einigkeit bestand darin, dass Unternehmensnachfolge nicht als rein privatwirtschaftliche Angelegenheit betrachtet werden dürfe. Vielmehr handle es sich um eine gesamtwirtschaftliche Aufgabe, die von Politik, Bildungseinrichtungen, Finanzinstituten und Unternehmen gemeinsam angegangen werden müsse. Der Unternehmerabend endete mit einem klaren Appell: Der Mittelstand steht nicht vor dem Aus, doch er muss sich neu erfinden – und dafür braucht es Mut, Weitsicht und ein modernes Verständnis von Verantwortung, das über Generationen hinaus trägt.

Wir bedanken uns bei der Commerzbank AG in Darmstadt für die freundliche Unterstützung der Veranstaltung.