ZUKUNFTSFORUM: Reform der Altersvorsorge
Die Generation der Babyboomer wird in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen. Die deutsche Bevölkerung wird immer älter. Die Reform des deutschen Rentensystems wird zu einem immer drängenderen Thema, wozu in der laufenden Legislaturperiode leider zu wenig geschehen ist. Die Vorstellungen innerhalb der Parteienlandschaften, aber auch im Dialog mit Vertretern aus der Wirtschaft, gehen dabei weit auseinander. Fest steht für alle Experten nur, dass die Vorschläge der Rentenkommission nicht ausreichend sind, um den Konsequenzen der Corona-Krise oder des Null- und Negativzinses effektiv begegnen zu können.
Prof. Bernd Raffelhüschen führt seinen Ansatz für eine nachhaltige Rentenreform, bei dem die Beiträge für die arbeitende Bevölkerung und der Bundeszuschuss gleich bleiben würden, aus: „Für eine intergenerative Fairness müssen zwei Größen bedacht werden: Zum einen der Lebenserwartungsfaktor, zum anderen die Weidereinsetzung des Nachhaltigkeitsfaktors. Der Reformansatz sieht vor, dass man für ein Jahr Rentenbezugszeit genau ein Jahr gearbeitet haben muss. Das bedeutet folglich eine Anhebung des Renteneintrittsalters. Der seit 2018 ausgesetzte Nachhaltigkeitsfaktor, als Bestandteil der Rentenanpassungsformel, muss die Verhältnismäßigkeit zwischen Zahlern und Empfängern wiederherstellen.“ Die jährliche Rentenanpassung soll durch den Nachhaltigkeitsfaktor vom Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern abhängig gemacht werden. Das bedeutet, dass sich die Rentenanpassung vermindert, wenn sich die Zahl der Rentner zulasten der Beitragszahler verändert und umgekehrt, erklärt Raffelhüschen. Die zweite und dritte Säule müssten neu gedacht und dereguliert werden, Kapitaldeckung, speziell Realkapitaldeckung seien hierbei der richtige Lösungsansatz, fordert er.
„Unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit, müssen wir das Renteneintrittsalter flexibilisieren“, pflichtet Dr. Jürgen Bierbaum der Forderung bei. Er stellt dar, dass bei der Diskussion über die Rentenreform die Aufgabe der Existenzsicherung von der Herausforderung der Sicherung eines Lebensstandards im Alter getrennt werden müssen. Außerdem geht er auf die Möglichkeit einer Beitragsdeckelung ein, mit der insbesondere im Sektor der betrieblichen Alterssicherung, effektive Rahmenbedingungen für kollektiv günstigere Lösungen angeboten werden könnten. Auch die Option einer Reform der privaten Altersvorsorge (Riester-Reform) präzisiert er. Bierbaum spricht sich deutlich für eine zukunftsfeste Riester-Rente aus, hierzu benötige man eine Lockerung der Beitragsgarantie, um Chancen auf höhere Renditen und Renten zu eröffnen.
Eine klare Absage gibt Staatssekretär Dr. Martin Worms dem Konzept der Riester-Rente. Es würden sich nicht ausreichend Bürger an den Angeboten beteiligen, weil sie auch aufgrund von gesetzlichen Garantievorgaben und hohen Produktkosten der Anbieter, nicht attraktiv genug seien. Er wirbt für den Vorschlag der Deutschland-Rente, gegen den sich der Wirtschaftsrat allerdings deutlich ausspricht. Die Podiumsteilnehmer kritisieren, dass bei dem Ansatz der Staat vom Schiedsrichter zum Mitspieler werden würde, was zu einer klaren Wettbewerbsverzerrung führe. Der Staatssekretär entgegnet: „Der Deutschland-Fonds würde den Wettbewerb gerade nicht verzerren, da es sich nicht um einen aus staatlichen Mitteln gespeisten Staatsfonds handelt. Die Fonds-Variante soll den gleichen Wettbewerbsbedingungen obliegen, wie die privaten Anbieter.“
In der anschließenden Diskussion wurden auch die Flexibilität bei der Kapitalanlage, die mögliche Vorbildfunktion von Vorsorgemodelle aus anderen Ländern und der Bürokratieabbau sowie Transparenz und Öffnung für alle Steuerpflichtigen thematisiert.
Der Moderator der Veranstaltung, Dr. Andreas Franken, Mitglied des Vorstands der Deutschen Vermögensberatung, wies abschließend auch auf das Positionspapier der AG Altersvorsorge hin. Das Dokument können Sie hier einlesen. Die Notwendigkeit einer Reform des 3-Säulen-Systems für eine nachhaltige, generationengerechte und transparente Altersvorsorge kommt darin nochmals zum Ausdruck. Der Wirtschaftsrat fordert hierzu u.a. kontrollierte Risiken für mehr Renditechancen in der betrieblichen und der staatlich geförderten Altersvorsorge zuzulassen.