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Bericht
27.03.2022
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Energiewirtschaft in Zeiten des Ukraine-Krieges

Digitale Podiumsdiskussion der Sektion Weserbergland zum Thema: „Zukunft der Energie - Bedeutung der Energiepolitik für den deutschen Mittelstand“ mit Marten Bunnemann, Vorstandsvorsitzender und Finanzvorstand der Avacon AG.
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Dirk Abeling, Landesgeschäftsführer Wirtschaftsrat Niedersachsen, begrüßte die Teilnehmer der Veranstaltung. Jens Werhahn, Geschäftsführer der ARCADIA Personalmanagement, moderierte die Podiumsdiskussion und begrüßte die heutigen Referenten mit einer kurzen Vorstellung. Mit Marten Bunnemann durfte damit ein ausgewiesener Experte der Energiebranche begrüßt werden. Henning Rodekohr, Vorsitzender der Geschäftsführung, VILSA BRUNNEN Otto Rodekohr GmbH und Jens Ehrhardt, Geschäftsführer, Göbber GmbH, repräsentierten dabei zwei Vertreter der industriellen Energienutzung und gaben ihre Impulse in der Diskussion.

 

Herr Bunnemann begann seinen Vortrag zunächst mit einer Vorstellung der Avacon AG, welche besonders in Norddeutschland tätig sei und knapp unter 3000 Arbeitsplätze stellt. Der Schwerpunkt läge hierbei in Niedersachsen sowie Sachsen-Anhalt. Die Avacon AG setze generell bereits viel auf dezentrale und erneuerbare Lösungen, jedoch nicht in einem so hohen Maß, wie die Auswirkungen der Ukraine-Krise zeigen würden. An dieser Stelle betonte Herr Bunnemann, dass die Ukraine-Krise an erster Stelle eine humanitäre Katastrophe sei. Ein Statement, welchem im Verlauf der späteren Diskussion mehrfach von Seiten der Teilnehmer zugestimmt wurde. Jedoch stelle gerade diese Krise die Energiewirtschaft vor große Herausforderungen, da eine hohe Abhängigkeit von Erdgas, Steinkohle und Mineralöl aus Russland bestünde. Nicht nur diese Abhängigkeit sorge an dieser Stelle für Problematiken, sondern ebenfalls die erhöhte Gefährdung durch Cyberangriffe, da besonders die Stromnetzte hochgradig digitalisiert seien.

Aktuell, betonte der Referent, fließe das Gas, trotz Krieges, noch durch die Ukraine, jedoch müsse die Energiewirtschaft sich auf einen möglichen Stopp einstellen. Ob dieser von der russischen Seite oder durch die Bundesregierung ausgelöst würde sei an dieser Stelle nicht absehbar. Die Hauptproblematik betreffe das Erdgas, da dieses nur zu 19% substituierbar sei. Diesbezüglich betonte Herr Bunnemann in der späteren Diskussion, dass Erdgas aus Katar und Saudi-Arabien, welches zur Substituierung möglich wäre, jedoch frühestens ab der zweiten Jahreshälfte lieferbar sei und zunächst auch nur in verhältnismäßig geringen Mengen. Falls der Fall eintreten würde, wäre dies jedoch nur eine Langzeitperspektive und keine kurzfriste Lösung.

Herr Bunnemann erläuterte zudem die Vorgehensweise, die eintreten würde, sollte beispielweise Nord Stream 1 ausfallen. Hiervon wären sowohl Gewerbe, Industrie, Dienstleistungen als auch Privathaushalte betroffen. Jedoch würden das BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) und die BNetzA (Bundesnetzagentur) eine Stromversorgung geschützter Kunden sicherstellen. Darunter fielen sowohl Privathaushalte als auch soziale Einrichtungen.

Er beendete seinen Vortrag mit einer Darstellung der notwendigen Transformation der Energiewirtschaft, welche besonders durch den Krieg in der Ukraine beschleunigt würde. Diese Transformation bestünde dabei aus drei Aspekten: Der Dekarbonisierung, der Dezentralisierung sowie der Digitalisierung. Aspekte, welche Herr Bunnemann kurz als die drei D´s beschrieb. Für diese Transformation sei jedoch eine gesellschaftliche Akzeptanz der Energiewende von Nöten. Sie müsse also mit einer Bezahlbarkeit, sowie Versorgungsicherheit einhergehen.

Herr Rodekohr betonte nach Abschluss des Vortrages die Bedrohlichkeit der aktuellen Situation für Unternehmen, da Erdgas ein wesentlicher Träger in der Industrie sei und die Sanktionen auch nach Waffenstillstand oder Kriegsende weiterhin bestünden. Herr Ehrhardt beschrieb anschließend den Anstieg der Energiepreise als existenzbedrohend und gab wieder, in welchem Ausmaß die Preise generell seit August/September 2021 und besonders seit Kriegsbeginn gestiegen seien.

In der anschließenden Diskussion kamen unterschiedliche Fragen auf. Eine war hierbei die Frage nach der Möglichkeit, benötigten Strom ohne Erdgas selber zu substituieren. Herr Bunnemann stellte daraufhin die Prognose, dass dies nach aktuellem Stand möglich sei, betonte jedoch, dass Erdgas nicht nur zur Stromversorgung genutzt würde, sondern für viele industrielle Prozesse notwendig sei. Grundsätzlich sei die Lage ausgesprochen kritisch, da 50% des Erdgases, welches zu 50% aus Russland käme, in Privathaushalten zum Heizen genutzt würde. Eine Entspannung sei für die Sommer zu erwarten, jedoch müssten in dieser Zeit die Speicher für die Winterzeit aufgefüllt werden.

Eine weitere Frage beschäftigte sich mit den deutschen Windrädern und weshalb diese zum Teil still stünden? Hierbei lag der Fokus auf dem damit verloren gegangenen Strom. Die Problematik hierbei sei jedoch die hochvolatile Eigenschaft erneuerbarer Energien und die daraus entstehende Notwendigkeit hochflexibler Kraftwerke. Dies sei innerhalb der nächsten 10 Jahre flächendeckend nicht umsetzbar. Generell müsse die Energieversorgung krisensicherer aufgestellt werden.

In der abschließenden Diskussion wurde sich der Frage gewidmet, in wie fern die Preisentwicklungen bezüglich Strom und Gas in der Zukunft einzuschätzen seien. Sollte hierbei eine Entkopplung von Russland stattfinden, würde dies mit einer generellen Erhöhung des Gaspreises einhergehen. Nach Ende des Krieges solle aber voraussichtlich eine Normalisierung und Stabilisierung eintreten. Die Energiewende sorge jedoch grundsätzlich für steigende Kosten, von welchen der Endnutzer zu einem gewissen Grad entlastet werden müsse um die Akzeptanz aufrecht zu erhalten und wettbewerbsfähig zu bleiben. Es wurde betont, dass eine CO2 freie Energiewirtschaft notwendig und zu erstreben wäre, dies jedoch nicht auf Kosten von Arbeitsplätzen geschehen dürfe.

 

Wir bedanken uns bei Herrn Marten Bunnemann für den informativen und abwechslungsreichen Austausch und die spannenden Impulse für die Zukunft der Energiepolitik.  

 

Jennifer Böhnke