Auswirkungen des Ukrainekrieges auf den Getreidemarkt
Jens Engelken, Sprecher der Sektion Oldenburger Münsterland/Emsland, begrüßte die anwesenden Teilnehmer sowie den heutigen Gast Prof. Dr. Alfons Balmann, Direktor des IAMO. Die Ukraine ist für Herrn Balmann die Hauptforschungsregion, sodass eine gewisse Expertise für die vom Ukrainekrieg betroffenen Gebiete vorherrsche.
Herr Balmann erklärte, dass die Getreidepreise aktuell explodieren würden. Dabei seien diese bereits vor dem Krieg auf einem recht hohen Niveau gewesen, wodurch die Läger zum Teil wenig gefüllt seien. Die Ukraine sei insbesondere im Bereich Sonnenblumenöl und -schrot sowie bei Weizen ein bedeutendes Exportland. Jedes Jahr exportiere die Ukraine Güter in Milliardenhöhe, wobei 40-45% nach Asien gingen. Durch starke Ertragssteigerungen sei die Bedeutsamkeit der Ukraine dabei, vor allem in den letzten Jahren, stetig gestiegen. Die Strukturen vor Ort seien jedoch sehr zweigeteilt. Auf der einen Seite gebe es viele kleine Hauswirtschaften und auf der anderen viele sehr große Agrar-Holdings. Die meisten dieser Holdings seien dabei westlich ausgerichtet und oft in EU-Ländern registriert. Viele Hauptanbaugebiete lägen allerdings in den umkämpften Gebieten im Nordosten des Landes. Da die Ukraine ein großer Exporteur sei, müsse in der Ukraine selber mit keiner Hungersnot gerechnet werden. Allerdings sei ein erheblicher Teil der Flächen für Sommerkulturen nicht bestellt worden oder aktuell noch recht fraglich. Es mangele dabei nicht an Saatgut, sondern vermehrt an Treibstoff, Liquidität und Transportmöglichkeiten. Aber auch die Versorgung mit Arbeitskräften sei sehr fraglich. Dadurch entstünden insgesamt große Unsicherheiten. Denn auch, wenn die Westukraine bislang kaum betroffen sei, müsse mit mindestens 20-30% Ausfall zu rechnen sein.
Ein elementares Problem bestehe auch in den Möglichkeiten des Exports. Die großen Häfen seien zumeist aktuell nicht zugänglich, sodass nur der Transport per Schiene in Richtung EU möglich sei. Dies sei aber deutlich aufwendiger und teurer.
Nach der Einschätzung von Herrn Balmann würden dabei, auch falls es einen schnellen Waffenstillstand geben sollte, die Probleme durch die unmittelbaren Folgen länger anhalten. Viele Flächen oder Gerätschaften seien zerstört und viele Arbeitskräfte durch den Krieg geflohen.
In der anschließenden Diskussionsrunde kamen insbesondere Fragen zur Sicherung der Getreideversorgung und Hungersnöten auf. Herr Balmann bekräftigte hier zunächst, dass genug Nahrungsmittel vorhanden seien. Allerdings würden die, durch den Krieg gestiegenen Preise, dafür sorgen, dass Regionen, die nicht so viel für das Getreide bezahlen können, hintenüber fallen könnten. Dadurch könnten letztlich in Teilen der Welt Hungersnöte auftreten. In dieser Situation stieß einigen Gästen der Entschluss Deutschlands negativ auf, die Stilllegungsflächen nicht ausnahmsweise für die Produktion freizugeben. Denn vor allem wir als reichere Länder hätten eine soziale Verantwortung, um den Nöten, im Rahmen unserer Möglichkeiten, vorzubeugen. Letztlich würde eine große Hungersnot in Afrika auch dafür sorgen, dass es zu einem weiteren Flüchtlingsstrom aus diesen Regionen komme.
Bei uns würden die hohen Kosten für Getreide auch dafür sorgen, dass es zu vielfältigen Veränderungen kommen werde. Denn die höheren Kosten würden in vielen Bereichen für höhere Preise für die Konsumenten sorgen.
Wir bedanken uns bei Jens Engelken für die Moderation sowie bei Prof. Dr. Alfons Balmann für seinen spannenden Impuls und eine angeregte Diskussion.
Nils Schnieders