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Bericht
25.02.2019
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"Es gibt so viele Wege zu Europa, wie es Europäer gibt"

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Herzlich willkommen hieß Joachim Rumstadt, Mitglied des Landesvorstandes des Wirtschaftsrates der CDU e.V., den Europaminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Dr. Stephan Holthoff-Pförtner, zu einer Tagung des Unternehmerverbandes. Zunächst aber gratulierte er dem Ehrengast zu seiner Auszeichnung als „Bürger des Ruhrgebiets“. Rumstadt betonte die Bedeutung und den Wert der Europäischen Union nicht nur für die Wirtschaft. Verbindendes Element sei ein gemeinsames Menschenbild und der Wille zur Freiheit, Demokratie und Frieden.

 

Angesichts von Rechtspopulisten, Nationalismen und Egoismen im Inneren sei die Europäische Union auch von außen her bedroht. Weder der derzeitige US-Präsident noch die Regierungen in Moskau oder Peking hätten Interesse an einem starken oder geeinten Europa, stellte der promovierte Jurist aus Essen einleitend fest, der zugleich auch Vorsitzender der deutschen EU-Minister-Konferenz ist.

 

In einer historischen Analyse seit der Zeit Adenauers zeigte er detailliert auf, welche Umstände zur heutigen Situation beigetragen hätten und warnte vor einer zunehmenden Dialogunfähigkeit mit schwierigen Partnern, wie Polen oder Ungarn. „Wenn wir in Europa aufhören, miteinander zu sprechen, bricht Europa auseinander. Es gibt in Ungarn eine Zustimmung von über 80 Prozent zu Europa. Wir dürfen diese Menschen aber nicht durch Sprachlosigkeit oder Beschimpfungen in falsche Arme treiben.“

 

Aber auch in Deutschland sei die Europabegeisterung erlahmt. Die jüngere Generation lebe das geeinte Europa so selbstverständlich, dass sie sich gar nicht vorstellen könne, dass es gefährdet sein könnte durch eine Europa-ablehnende Parlamentsmehrheit. Dies sei gefährlich in einer Zeit, in der Populisten mit Desinformationen alles Negative der angeblichen Brüsseler Regulierungswut zuschrieben. „Deshalb ist die Europa-Wahl von entscheidender Bedeutung für die Zukunft der Europäischen Union. Wir sollten uns bewusst machen, dass wir so liberal, friedlich und wohlhabend leben können, wie keine Generation vor uns.“

 

Kritisch äußerte der Politiker, dass sich die Deutschen davor hüten sollten, nicht alles Schlechte Brüssel anzulasten und weniger belehrend unseren Nachbarn gegenüberzutreten. So habe er sich mit dem serbischen Präsidenten über die teilweise ausgeprägte EU-Verdrossenheit in Osteuropa ausgetauscht. Auf seine Frage, was die Deutschen falsch gemacht hätten, hätte dieser erklärt, dass er diese Frage von deutscher Seite bisher noch nie gehört hätte. So riet Holthoff-Pförtner der deutschen Europapolitik zu etwas mehr Selbstkritik. Denn wenn die Deutschen glaubten, unsere Sicht sei die einzig Richtige, dürfe man sich nicht wundern, wenn das im Ausland nicht gut ankäme. Insbesondere im Umgang mit den kleineren Mitgliedsländern verwies er auf einen Grundsatz Helmut Kohls. Dieser habe dafür gestanden, dass das große Deutschland mit den kleinen Partnern stets auf Augenhöhe gesprochen hätte.

 

Europa sei ein Kontinent der Vielfalt und daher wolle die Europäische Union auch keine kulturellen Eigenarten beseitigen. „Es gibt so viele Wege zu Europa, wie es Europäer gibt“, erklärte Holthoff-Pförtner versöhnlich und illustrierte dies mit dem Bild einer roten Fußgängerampel. „In Deutschland werde sie imperativ, in Großbritannien fakultativ und in Italien dekorativ aufgefasst.“