Klimaneutralität und Grundrechte
Über das Thema "Das Dilemma des Gewährleistungsstaates: Klimaneutralität und Grundrechte" sprach der Wirtschaftsrat Nordrhein-Westfalen mit den beiden Fachexperten Prof. Graham Weale und Prof. Dr. Johann-Christian Pielow. Kontext der Diskussion war der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Frühjahr 2021, mit welchem es die Bundesregierung zur Nachschärfung des Klimaschutzgesetzes verpflichtete. Der Beschluss betreffe allein die abstrakten Ziele des Bundesklimaschutzgesetzes, jedoch keine konkreten Maßnahmen zur Umsetzung sowie deren Auswirkungen, so die beiden Referenten in ihrer Einleitung.
Allerdings, so machte der Energieökonom Prof. Graham Weale deutlich, seien die Klimaziele der Bundesrepublik mit den aktuell getroffenen Klimaschutzmaßnahmen kaum zu erreichen. Insofern sei es erforderlich, den Ausbau von Erneuerbarer Energie und Stromnetzen sowie den Einsatz innovativer Technologien, wie etwa Carbon Capture and Storage, zu forcieren sowie Energieeffizienzmaßnahmen zu beschleunigen und die verfügbare Energie zu begrenzen.
„Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts und einer damit begründeten Forcierung der beschriebenen Maßnahmen ergeben sich allerdings neue Problemstellungen für das Verfassungsrecht“, betonte der Energie- und Rechtsexperte Prof. Pielow. Denn es stelle sich die Frage, wie ein möglicher Vorrang des Klimaschutzes gegenüber anderen Grundrechten, wie etwa dem Anspruch auf ausreichend Energie zum Heizen oder dem Demonstrationsrecht (bspw. gegen den Bau von Windparks), zu sichern sei. Um dies zu ermöglichen, bedürfe es nach Einschätzung des Rechtsexperten einer Verfassungsänderung, durch welche der Vorrang des Klimaschutzes eindeutig geregelt wird.