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Bericht
09.03.2022
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Aus den Ländern (Rheinland-Pfalz): ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN - Investieren in die Ressource Mensch

Digitaler Jahresempfang mit Hubertus von Baumbach, Vorsitzender und CEO von Boehringer Ingelheim
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Zukunftsperspektiven in Zeiten politischer, wirtschaftlicher Unrast - ja, das geht. Angesichts des entsetzlichen Kriegs in der Ukraine sind sie von überragender Bedeutung.

„Die Lösung liegt nicht in der Division, sondern in der Multiplikation des Sozialprodukts“, sagte es Thomas Brahm, Landesvorsitzender des Wirtschaftsrats Rheinland-Pfalz mit den Worten Ludwig Ehrhards. Erhards Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft – die Leitlinien des Wirtschaftsrats – sieht er unter Druck und zwar schon vor dem Krieg in der Ukraine. Es geht um Eigenverantwortung, Unternehmertum und Marktwirtschaft im Gegensatz zu Scheinlösungen durch staatliche Lenkung, Planwirtschaft und Verbote. „Der Wirtschaftsrat ist mehr denn je gefragt, Wettbewerb, Marktwirtschaft und Freiheit zu verteidigen“, so Thomas Brahm.

Welche Perspektiven sieht Hubertus von Baumbach für unsere unternehmerische Zukunft? Wie begegnet sein Unternehmen den Herausforderungen der Transformation für den Klimaschutz, die Digitalisierung und dem demografischen Wandel? Das waren Fragen, die wir mit ihm vor dem Jahresempfang angesprochen hatten. Vor dem Krieg.

Hubertus von Baumbach stellt die Hilfe Deutschlands für die Flüchtlinge aus der Ukraine an erste Stelle – nämlich die Notwendigkeit, diesen Menschen Deutschland als ein Land der zweiten Heimat anzubieten, solange sie nicht in ihre Heimat zurückkehren können. „Wenn wir in der Lage sind, sie zu integrieren und ihnen Chancen geben, beizutragen und Teil zu haben“ könne dies eine sehr effektive Antwort auf die Herausforderung des demografischen Wandels sein, so von Baumbach. Weitere Chancen sieht er aus der Umwelt- und nun auch aus der militärischen Perspektive, nämlich Technologien zu entwickeln, damit wir uns wirtschaftlich und gesellschaftlich behaupten und wachsen.

Gerade ob der alternden Bevölkerung erkennt Hubertus von Baumbach Chancen für neue Antworten in der Gesundheitspolitik, „ein sehr eigenes Thema des Unternehmens: Wir sind weltführend zum Beispiel in der Rehabilitation von Schlaganfall-Patienten. Das ist ein Knowhow, das hier in den letzten Jahrzehnten entstanden ist und in vielen Ländern gesucht wird.“ Investieren in die Ressource Mensch sei dabei genauso wichtig wie in die anderen Bereiche. „Das geht nicht von heute auf morgen“.

 

Welche Herausforderungen sieht er in den kommenden Jahren für die unternehmerische Wirtschaft und speziell die Branche der pharmazeutischen Industrie in Europa?

„Ich glaube, dass wir uns mit dem Thema Wettbewerbsfähigkeit generell auseinandersetzen müssen“, sagte Hubertus von Baumbach. „Viele Entscheidungen, viele Diskussionen, die wir heutzutage führen, messen wir sehr stark an uns selber. Entscheidend ist aber das, was um uns herum passiert.“ Für Deutschland, für Europa heißt das, sich an der Region Asien-Pazifik und Nordamerika zu messen. Er sei überzeugt, dass seine Industrie für die Gesundheitssysteme vor allem dank der Forschung einen wesentlichen Beitrag leisten könne, beispielsweise durch die Entwicklung von Medikamenten, die Krankenhausaufhalte unnötig machen. In Europa müssten wir lernen, gemeinsam zu entscheiden, „um uns im Wettbewerb zu behaupten“. So müsse Europa auch lernen, Kompromisse einzugehen und klare Ziele zu formulieren. „Bei der Frage der Wettbewerbsfähigkeit ist es sicherlich wie im Sport: heute gut gewesen zu sein, gibt einem nicht die Garantie, auch morgen gut zu sein, wenn man nicht mit dem Training weiter macht.“ Mit Blick auf Positionen und Forderungen an die Politik antwortete Hubertus von Baumbach, wir sollten uns zunächst als Gesellschaft die Frage stellten, „was ist unser Beitrag, was können wir machen, um die Dinge zu verändern“, und dann gemeinsam über bürokratische Hürden nachdenken. „Es wäre gut, wenn wir wieder hin zum Pragmatismus finden könnten“. Allerdings ohne dabei immer nur in die Richtung des ‚anderen‘ zu schauen.

Hubertus von Baumbach machte am Beispiel der komplexen Forschung und des weltweiten Einsatzes von Antibiotika deutlich, wie wichtig die Entwicklung von Markmechanismen ist. Die Märkte müssten langfristig sein. Denn die Entwicklung eines neuen Medikaments dauere zehn bis zwölf Jahre. Die Marktmechanismen müssten es wirtschaftlich attraktiv machen, in ein Themengebiet wie Antibiotika zu investieren.

 

Als persönliche Anmerkung am Schluss sagt Hubertus von Baumbach: „Ich bin selber in einer Welt großgeworden, in der Krieg weit weg war und er ist ganz plötzlich vor unsere Haustüre zurückgekehrt. Gleichzeitig bin ich begeistert von der großen Hilfsbereitschaft, die wir alle sehen“. Denn diese Hilfsbereitschaft sei ein Zeichen dafür, wie wir alle mit einem gemeinsamen Ziel vor Augen helfen können, Dinge positiv zu verändern. „Wenn wir genau diese Energie einsetzen in zentralen Fragen wie die, wie man die Transformation unseres Landes vorantreibt, dann ist mir nicht bange.“