Cookie-Einstellungen

Bericht
22.09.2022
Drucken

„Steuerpolitik unter der Ampelregierung - Belastung statt Wachstum?“

Deutschland steht vor einem historischen Umbruch. Die Weichen, die die neue Bundesregierung in dieser Legislaturperiode stellt, werden ganz wesentlich darüber entscheiden, ob der Wirtschaftsstandort Deutschland zukünftig wettbewerbsfähig sein wird und damit die selbstauferlegten Verpflichtungen eines Sozialstaats erfüllen kann.

Mit David Martens, Fachgebietsleiter für Steuer-, Finanz- und Währungspolitik beim Wirtschaftsrat der CDU e.V.
©Wirtschaftsrat

Gerade die Steuerpolitik ist ein zentraler Standortfaktor, der sowohl über die Wettbewerbs- als auch über die Handlungsfähigkeit des deutschen Mittelstands entscheidet. Daher wollen wir gemeinsam in der Landesfachkommission Mittelstand - unter Leitung von unserer Kommissionsvorsitzenden Katrin Wegener - den Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen richten und Reformnotwendigkeiten im Bereich der Unternehmenssteuern.

2022-09-22 Foto_David Martens.jpg

Der Wirtschaftsrat fordert schon seit vielen Jahren eine Unternehmenssteuerreform (einheitlicher Unternehmenssteuersatz i.H.v. 25 Prozent) ein und bleibt an diesem Thema dran, so lang bis dies erreicht ist, auch wenn eine solche aktuell unter der Ampel-Koalition mehr als unwahrscheinlich ist. Ausgehend von einem Rückblick auf den Koalitionsvertrag hat David Martens die aktuellen steuerlichen Vorhaben der Bundesregierung vorgestellt, ist auf Reformoptionen in der Unternehmensbesteuerung und letztlich auf den Solidarpakt Mittelstand eingegangen.

Ab einem Bruttoeinkommen von ca. 60.000 € wird in Deutschland bereits der Höchststeuersatz fällig. Eine sehr zu überdenkende Größe. Aktuell werden bundespolitisch Mittelstandsbauch, („kalte Progression“) Übergewinnsteuer, Rechtsformneutralität, Verlustverrechnungsmethoden, Wiedereinführung der Vermögensteuer u.v.m. diskutiert. Würde die Vermögensteuer als zusätzliche Unternehmenssteuer wieder eingeführt, würde sich eine zusätzliche Unternehmenssteuerbelastung i.H.v. 9,6 Prozent ergeben, rechnet David Martens vor. Aus Sicht des Wirtschaftsrates ist ein derartiges Vorhaben entsprechend abzulehnen.

Traurig ist, dass momentan keine spürbaren Entlastungen für den Mittelstand zu erkennen und eine komplette Abschaffung des SOLI unwahrscheinlich sind. Es fehlt zudem ein klares Bekenntnis zu einem steuerlichen Belastungsmoratorium für die Unternehmen. Zum Thema „Bürokratieentlastungsgesetz“ lässt sich festhalten, dass u.a. die Betriebsprüfungen modernisiert werden sollen. Eine Reduzierung der Umsatzsteuer auf Gaslieferungen muss dabei zweiseitig betrachtet werden, denn einerseits wäre dies eine Entlastung für sehr Viele, würde aber nicht zum Sparen von Gas führen, was aber momentan leider geboten ist. Im Jahr 2023 soll ein Steuerfairnessgesetz seitens der Bundesregierung vorgelegt werden, welches die Transparenz erhöhen, Steueroasen eingrenzen soll. Hier fehlen aber viele wichtige Punkte.

Im Entlastungspaket III sollen die Kalte Progression abgebaut, Insolvenzanträge erleichtert, eine nationale Mindestbesteuerung (im besten Fall: 6,2 Mrd.€ Mehreinnahmen, sind unter 10 Prozent der Kosten des Entlastungspaketes) eingeführt, die Doppelbesteuerung (bei der Rente) abgeschafft und die Umsatzsteuer auf Gas auf 7 Prozent sowie die Home-Office-Pauschale erhöht werden. Fest steht: Die Zinsausgaben werden in den kommenden Jahren steigen, wenn aktuell die Verschuldung hochgeschraubt (u.a. Entlastungspakete) wird. Aktuell sind die weltweiten Unternehmenssteuersätze kaum höher als in Deutschland (30 Prozent). Der weltweite Schnitt liegt hier bei 23 Prozent, im EU-Durchschnitt bei 21 Prozent. In Ungarn rangiert der Unternehmenssteuersatz bei unter 10 Prozent.

 2022-09-22 Foto1.jpg

In der aktuellen Krisensituation, die Unternehmen vor existenzielle Herausforderungen stellt, sollte entsprechend das Rücktragsvolumen für Verluste (z.B. für Mehrkosten für Rohstoffe) im Veranlagungszeitraum 2022 von einem auf 5 Jahre ausgeweitet werden. Man könnte auch eine pauschale Herabsetzungsmöglichkeit der Steuervorauszahlungen auf Null in Betracht ziehen oder eine Rohstoffbevorratungsrücklage einführen. David Martens hat im Anschluss auf alle unsere Fragen und Anregungen reagiert. Wir danken ihm für seinen erkenntnisreichen und gleichermaßen erfrischenden Vortrag.